2012 war die „Pebble“, Englisch für Kiesel, in aller Munde. Die Öffentlichkeit feierte mit der ersten kommerziell erfolgreichen Smartwatch den Durchbruch einer neuen Technologie. Lesen Sie hier die ganze Geschichte.
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Hand aufs Herz: Wer heute als 20jähriger seine erste Smartwatch kauft, hat vermutlich nie etwas von der „Pebble“ gehört. Und auch die älteren Digital Natives dürften den Hype um eines der ersten Smartphones für das Handgelenk längst vergessen haben.
Bei der Markteinführung 2012 war die Pebble-Watch noch der Star der Saison. Sie war nicht nur erfrischend neu, sondern konnte auch mit einer fast märchenhaften Erfolgstory aufwarten: Mit der Smartwatch stieg ein vorher mittelloser Student in kurzer Zeit zu einem der einflussreichsten Jungunternehmer auf.
Alles begann auf einem Hollandrad
Die Geschichte, so wurde damals berichtet, begann ganz bescheiden 2008 in den Niederlanden: Eric Migicovsky, ein kanadischer Student der Ingenieurwissenschaften, genoss sein Auslandssemester im idyllischen Delft. Jeden Tag fuhr er mit dem Fahrrad zu den Vorlesungen an der Technischen Universität. Ständig machte sich sein Handy bemerkbar mit Anrufen, Nachrichten und Posts. Aufs Handy schauen konnte er gerade nicht, denn dazu hätte er den Lenker loslassen müssen. In diesem Moment kam ihm eine geniale Idee: Wäre es nicht besser, wenn ich mein Mobilgerät nicht in der Tasche, sondern an meinem Handgelenk hätte?
Noch am gleichen Tag begann er mit Einzelteilen eines alten Handys zu experimentieren, um dessen Funktionen in dem Gehäuse einer Armbanduhr unterzubringen. Doch bis zum Erfolg war es ein weiter Weg. Erst nach drei Jahren intensiver Arbeit war das Projekt so weit gediehen, dass es vom angesehenen kalifornischen Gründerzentrum Y Combinator unterstützt wurde. Schade nur, dass sich auch dann das Risikokapital für den Start der Produktion nicht einstellen wollte.
Der letzte Kick zum Start
In dieser Situation entschied sich Migicovsky für eine andere Form der Finanzierung. Er präsentierte seine Erfindung auf einer Fundraising-Plattform, die damals wie Pilze aus dem Boden schossen. Mit der Kampagne auf Kickstarter gelang ihm schließlich der Durchbruch. Migicovsky hatte zunächst auf 100.000 Dollar gehofft. Aber der Erfolg sollte seine kühnsten Träume übertreffen. Nach einem Monat waren Vorbestellungen für 85.000 Smartphones im Gesamtwert von sagenhaften 10,2 Millionen Dollar eingegangen. Bis heute der zweitgrößte Betrag, der auf dieser Fundraising-Plattform eingesammelt wurde!
Nun ging es für die Firma steil nach oben. 2015 gehörte Pebble zu den wertvollsten Firmen der neuen Technologie. Citizen bot sagenhafte 740 Millionen US-Dollar für die Firma. Aber die Konkurrenz schlief nicht. Große Tech-Konzerne wie Apple oder Samsung brachten ebenfalls Smartwatches auf den Markt. Nun begann der Stern von Pebble ebensoschnell zu sinken, wie er gestiegen war. Bereits am 7. Dezember 2016 musste Pebble Insolvenz anmelden. Für die Patente und die Software zahlte der Nachfolger Fitbit gerade einmal noch 23 Millionen US-Dollar.
Doch auch Fitbit gelang es nicht, Pebble zu sanieren. Die dritte Generation der Smartwatches war zwar 2016 noch der Presse vorgestellt worden, wurde aber nie produziert. Den Support für die Pebble stellte Fitbit schließlich 2018 ein. Heute führt die Pebble als Open-Source Projekt nur noch ein Schattendasein.
Anfang 2024 bekam das Deutsche Uhrenmuseum ein Exemplar der Pebble aus der Kickstarter-Edition geschenkt, einschließlich Originalverpackung und Zollpapieren. Vielen Dank für dieses trotz des geringen Alters bereits jetzt aufschlussreiche Objekt der Uhrengeschichte !
Andere frühe Smartwatches
Ein Geschenk kommt selten allein: Die Pebble aus der Kickstarter-Edition ist nur eine von mehreren frühen Smartwatches, die in einer hochkarätigen Sammlung von elektronischen Armbanduhren enthalten sind und die dem Museum als großzügige Spende übergeben wurden. Aus dieser Sammlung stammen auch die Objekte, die in den vergangenen Monaten vorgestellt wurden, z.B. im Februar, März oder April 2024.
Mit den anderen frühen Smartwatches wird deutlich, dass die Pebble längst nicht so einzigartig war, wie 2012 behauptet wurde. Allerdings können die Vorläufer und auch die anderen Smartwatches, die in dieser Zeit auf den Markt kamen, nicht mit diesem typisch amerikanischen Traum vom erfolgreichen Selfmademan aufwarten.
Schon in den 1980er Jahren gab es erste Armbanduhren, die über eine Kabelverbindung mit einem Computer Daten für Termine austauschen konnten, wie die Seiko Data 2000. Da war es nicht weiter erstaunlich, dass auch die Daten der tragbaren Palm Computer ab 2002 auf einer Fossil-Uhr abgerufen werden konnten – auch wenn dazu wie in den 1980er Jahren immer noch ein Kabel notwendig war.
Die Möglichkeiten dieser Smartwatch-Vorläufer blieben auch in den 2000er Jahren noch sehr beschränkt. Doch Schritt für Schritt kamen Funktionalitäten hinzu, die schließlich in eine Smartwatch integriert wurden. 2007 stellt Citizen mit der i:Virt die erste Quarzuhr vor, die mit einer Bluetooth-Verbindung aufwarten konnte.
Fünf Jahre später feierte die Smartwatch ihren Durchbruch. 2012 hätte der Handy-Hersteller Sony Ericsson der Pebble den Rang streitig machen können. Doch das 2012 lancierte Wearable LiveView MN800 enthielt keine Uhr, sondern sie war lediglich ein Armband-Display für Android Smartphones.
Etwas später im Jahr brachte die italienische Firma IM die erste richtige Smartwatch mit Android Betriebssystem auf den Markt, das sich als Standard für die meisten späteren Smartphones durchsetzen sollte.
In den nächsten Jahren wurde mit unterschiedlichen Varianten an Betriebssystemen experimentiert. So offerierte der südkoreanische Elektronikkonzern LG ab November 2014 eine Uhr, die mit den Betriebssystemen Android Wear und Google Wear ausgestattet war.
Und heute?
Längst ist der Markt an Smartwatches unübersehbar geworden. Waren Wearables anfangs ein typisches Produkt der Elektronikhersteller, so haben inzwischen auch viele traditionelle Uhrenfirmen nachgezogen und erfolgreich eigene Smartwatches auf dem Markt platziert.
Apple Watch der 1. Generation gesucht
Gerne möchten wir unsere Sammlung an Smartwatches behutsam ausbauen. Denn erst jetzt, mit einem Abstand von einem Jahrzehnt, zeichnet sich allmählich ab, welche dieser neuartigen Uhren es wert sind, auf Dauer im Museum aufbewahrt zu werden. Ganz sicher gehört dazu auch eine Apple Watch der 1. Generation. Vielleicht haben Sie, liebe Leser, ja solch eine Smartwatch zuhause herumliegen? Dann würden wir uns sehr freuen, wenn Sie uns Ihre erste iWatch für die Sammlung übergeben.