Die Armbanduhr mit dem blauen Engel

Eine Binsenwahrheit: Batterien verbrauchen unnötig viel Ressourcen. Wieso also nicht eine elektronische Uhr entwickeln, die den benötigten Strom selbst erzeugt? Lesen Sie heute über Quarzuhren mit eigenem Kraftwerk!

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Was lange währt….

Seiko A.G.S., die erste Quarzuhr mit eigenem Minikraftwerk, 1998, Inv. 2024-001

Bei mechanischen Taschen- und Armbanduhren ist sie seit Jahrhunderten bekannt: Eine kleine Schwungmasse, die beim Tragen der Uhr in Bewegung kommt. Der Rotor spannt die Antriebsfeder. Ein tägliches Aufziehen von Hand ist nicht mehr nötig. Wie bequem!

Wieso also nicht dieses Prinzip auf eine elektronische Uhr übertragen? Angeblich experimentierte der japanische Quarzuhrpionier Seiko schon seit 1972 mit einem Rotor, der eine Art Mikrodynamo antrieb. Doch es sollten noch mehr als 15 Jahre vergehen, bis die ersten Exemplare der Automatik-Quarzuhr in Serie gingen. Denn die zahlreichen technischen Probleme waren nicht einfach zu lösen. Seiko spricht von über 50 Patenten, die notwendig waren, um die Uhr auf den Weg zu bringen.

Unter dem Glasboden der Seiko A.G.S., der Rotor

1988 begann die Serienfertigung. Auf dem Zifferblatt die Buchstaben A. G. S. für „Automatic Generating System“, also „automatisches (strom)generierendes System“.

Durch den Glasboden kann man einen Blick ins Innere auf die rotierende Schwungmasse werfen. Mit dem Schlenkern des Armes setzte sich der Rotor mit einem Zahnradaufzug in Bewegung. Dadurch wurde ein Dynamo mit unglaublichen bis zu 100.000 Drehungen pro Minute angetrieben. Ein Kondensator spreichert den erzeugten Strom.

Batterien sind bei dieser Uhr nicht mehr nötig. Gute Idee, fand auch das Bundesumweltministerium, und verlieh der Uhr 1989 das begehrte Siegel für nachhaltige Produkte „Blauer Engel“.

Anders als viele andere Features bei der Quarzarmbanduhr war der Generator ein großer Erfolg. Noch heute verkauft Seiko größere Stückzahlen der Quarz-Hybrid-Modelle mit einem Mini-Kraftwerk. Sie werden in der Produktlinie „Kinetic“ angeboten.

Nachahmer

Nach dem Erfolg der Seiko A.G.S. brachten zahlreiche andere Uhrenfirmen hybride Quarzuhren auf den Markt. Dazu zählen so klingende Namen wie Longines (Conquest AHP), Mido (Multifort Autoquartz), Movado (Viziomatic), Omega (Omega-matic) und Tissot (Autoquartz).

Bei so viel Schweizer Prominenz durfte auch die vielleicht coolste eidgenössische Uhrenmarke der 1980er und 1990er Jahre nicht fehlen, Swatch. Unter den zahllosen Modellen des Lifestyle-Produkts befindet sich auch eines, bei dem im transparenten Boden die Schwungmasse für den Antrieb des Dynamos zu erkennen ist. Die „Autoquarz-Labirinto“ kam 1999 auf den Markt.

Zwei Jahre früher hatte der japanische Hersteller Citizen/Miyota den ersten Quarz-Chronographen mit eigener Stromversorgung vorgestellt. Die „Mecaquartz“ mit Stoppfunktion wurde ab 1998 in Gehäusen von Festina als „Mecaquartz Chrono“ angeboten.

Alle drei Uhren wurden dem Museum von einem Sammler gespendet. Ein herzliches Dankeschön! Denn bislang war diese Art Uhren bei uns nicht vorhanden. Sie schließen eine empfindliche Lücke in unserer Sammlung – dokumentieren sie doch eine Zeit, in der das Wissen um die Endlichkeit von Ressourcen erste nachhaltige elektronische Uhren hervorbrachte.

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