Die erste Smartwatch?

1984: Das World Wide Web mit seinen unerschöpflichen Möglichkeiten ist noch Zukunftsmusik. Ebenso mobile Kommunikation. Aber schon damals tüfteln japanische Ingenieure an programmierbaren Armbanduhren, die Daten mit einem Rechner austauschen. Sind das bereits Smartwatches?

Quarzuhren mit neuartigen Zusatzfunktionen

Die erste Armbanduhr mit Taschenrechner: Pulsar Time Computer + Calculator, 1975, Inv. 2003-091 (Zum Vergrößern klicken)

Heute sind sie wieder Kult: die meist rechteckigen Quarzuhren mit Digitalanzeige. In den späten 1970er Jahren hatten sie in kurzer Zeit fast alle mechanischen Zeitmesser vom Markt gefegt. Die dominierenden Hersteller aus Ostasien verharrten nicht bei ihrem Erfolg, sondern dachten bereits wieder an die Zukunft. Sie rüsteten die elektronischen Zeitmesser mit allerlei mehr oder weniger brauchbaren Funktionen aus, die man bislang nicht von Armbanduhren gekannt hatte: mit eingebautem Taschenrechner (1975), programmierbarer Melodie für die Weckfunktion (1979), Fingersensor (1980), sprechender Zeitanzeige, Computerspiel, Tonaufnahmefunktion (alle 1981), eingebautem Fernsehbildschirm, Fieberthermometer und Anzeige des Biorhythmus (alle 1982).

Eine programmierbare Armbanduhr

Eins hatten die meisten dieser innovativen Geräte gemeinsam: Die Zusatzfunktionen waren fest integriert, sie konnten nicht verändert werden. Dies änderte sich erst 1984, als der japanische Elektronikpionier Seiko erste einfache Computer für das Handgelenk vorstellte: UC-2000 (bzw. Data 2000 für den europäischen Markt). Die Typenbezeichnung steht dabei für die maximale Speicherkapazität von heute lächerlich scheinenden 2000 Zeichen. Um die Daten zu verändern, musste die Uhr in ein Gerät eingespannt werden, das eine Mischung aus Taschenrechner und Computertastatur darstellte.

Der erste einfache Computer fürs Handgelenk: Armbanduhr und Controller Data-2000, Seiko, Japan, 1984, Inv. 2021-021 (Zum Vergrößern klicken)

Mithilfe dieses „Controllers“ konnte die Uhr als Datenbank genutzt werden. Außerdem konnten mehrere Nachrichten gespeichert oder auch kleinere Programme übertragen werden. Den Controller konnte man in der erweiterten Variante „UC-2200“ mit Drucker und Dockingstation zum Laden von Apps erwerben. So konnte man z. B. auch die ersten Computergames wie „Tetris“ installieren. Der Spielgenuss hielt sich angesichts der kleinen Druckknöpfe und dem Schwarz-Grau-Bildschirm mit 50 x 28 Pixel noch sehr in Grenzen.

War die Seiko UC-2000 nun die erste Smartwatch oder nicht?

Die Antwort ist einfach: ein klares Jein!

Data-2000 in der trendigen Originalverpackung. (Zum Vergrößern klicken)

Von den technischen Möglichkeiten spricht bei dem „Wrist Information System“ alles für eine Smartwatch. Neben der Uhrzeit auch Datenaustausch für Spiele, Kalender, Notizen? Na klar. Damit ist laut Wikipedia gesichert, „dass sich neben der Uhrzeit weitere Informationen darstellen lassen und der Anwender zusätzliche Funktionen über Programme (‚Apps‘) individuell aufrüsten kann.“

Woran es jedoch hapert, sind Anschlussmöglichkeiten an die digitale Welt. „Drin“ war damals alles andere als „einfach“. Es war schlichtweg unmöglich, sich zu vernetzen. Das World Wide Web sollte es erstmals in den 1990er Jahren geben – von den Sozialen Netzwerken ganz zu schweigen.

Dennoch: Die UC-2000 ist eine faszinierende Uhr, die ihrer Zeit um Jahrzehnte voraus war.

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