Time – made in Germany. Die Uhrenwelt traf sich in Nürnberg

Vergangene Woche fand in Nürnberg ein Gipfeltreffen der internationalen Uhrenwelt statt. Unter dem Motto: „Time – made in Germany“ trafen sich 170 Freunde alter Uhren aus zehn Ländern im traditionsreichen Germanischen Nationalmuseum. Unser Kollege Johannes Graf berichtet.

Der Kongress

Nürnberg, aufgenommen aus dem Tagungshotel

Time – made in Germany. Schon der Titel beweist: Keine lokale Veranstaltung, sondern ein hochkarätiger Kongress für Uhrenfreunde aus aller Welt. Ziel war nicht weniger als ein Überblick über den Beitrag Deutschlands zu 700 Jahren Uhrengeschichte.

Veranstaltet wurde er von der Deutschen Gesellschaft für Chronometrie, der deutschen Vereinigung von Uhrensammlern. Die DGC arbeitete dabei eng zusammen mit der National Association of Watch and Clock Collectors, dem weltweit größten Zusammenschluss von Uhrensammlern mit Sitz in den Vereinigten Staaten.

Bei der Abschlussdiskussion mit dabei: James Nye, Vorsitzender der Antiquarian Horlogical Society (links); Josef M. Stadl, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Chronometrie (rechts); links daneben: Fortunat Müller-Märki, Initiator des Kongresses von der National Association of Watch and Clock Collectors.

Diese Zusammenarbeit über den großen Teich hinweg war eine echte Premiere. Denn die National Association of Watch and Clock Collectors hatte zugunsten von Nürnberg auf ein eigenes Symposium zur Uhrengeschichte verzichtet. Zum ersten Mal fand diese nach dem Sponsor Ward Francillon benannte jährliche Veranstaltung in einem Land statt, in dem Englisch keine Amtssprache ist. Wichtig für die Gäste vor allem aus den Vereinigten Staaten und Amerika: Alle 13 Vorträge wurden simultan ins Englische übersetzt.

Am richtigen Platz

Heike Zech stellt die berühmte Burgunder-Uhr aus der Mitte des 15. Jahrhunderts vor.

Der Tagungsort war bewusst gewählt. Als größtes kulturgeschichtliches Museum in Deutschland besitzt das Germanische Nationalmuseum die notwendige Infrastruktur für einen solchen Kongress. Darüber hinaus ist Nürnberg für die Uhrengeschichte von herausragender Bedeutung. Im 16. und 17. Jahrhundert entstanden hier erste Taschenuhren; auch die kostbaren Nürnberger Tischuhren waren damals in ganz Europa begehrt. Wie die legendäre Taschenuhr von Peter Henlein als Fälschung entlarvt wurde, darüber berichtete Thomas Eser vom Germanischen Nationalmuseum in seinem Festvortrag. Aber das Museum besitzt noch weitere Highlights der Uhrengeschichte, darunter die wohl älteste Federzuguhr der Welt. Diese Burgunderuhr aus der Mitte des 15. Jahrhunderts stellte die Kunsthistorikerin Heike Zech vor.

Das Programm

Vor dem Museumseingang (von links): Bob Frishman, verantwortlich für die Kongresse der National Association of Watch and Clock Collectors; Eduard Saluz, Furtwangen; Markus Marti, Bern.

Eduard Saluz, Leiter des Deutschen Uhrenmuseums, und ich hatten die Ehre, das Vortragsprogramm zusammenzustellen. Es reichte von den bereits erwähnten Nürnberger Uhren und die prächtigen mittelalterlichen Kunstuhren über die Augsburger Luxusproduktion und die Zeitmesser auf der ersten europäischen Sternwarte in Kassel zu den Schwarzwalduhren des 18. Und 19. Jahrhunderts. Die hochwertigen Goldtaschenuhren aus dem sächsischen Glashütte durften ebenso wenig fehlen wie die preiswerten Uhren aus dem thüringischen Ruhla. Die Präzisionspendeluhren von Sigmund Riefler und die Zeitmessung mit Atomuhren an der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt rundeten das Programm ab. Das Deutsche Uhrenmuseum war dabei mit zwei Vorträgen vertreten: Eduard Saluz sprach über die bedeutenden Werke der Priestermechaniker des 18. Jahrhunderts, ich über die Uhrenindustrie im 20. Jahrhundert.

Das Festbankett

Nach getaner Arbeit wurde ausgiebig gefeiert. Das Festbankett in der gotischen Kartäuserkirche des Germanischen Nationalmuseums wird wohl allen Gästen unvergesslich bleiben. Nur die Dinner in der Versammlungshalle der Zauberschule Hogwarts sind vielleicht noch ein bisschen prächtiger. Aber schließlich heiße ich ja auch nicht Harry Potter.

Der Kongressband in zwei Sprachen

Auf der Hausmesse: Das Deutsche Uhrenmuseum

Damit der fundierte Inhalt des Kongresses nicht vergessen wird, wurden die Redebeiträge in einem reich bebilderten Tagungsband veröffentlicht. Ein Novum hierbei: Wie die Vorträge gibt es das dreihundert Seiten umfassende Buch auch in einer englischen Ausgabe. Damit wird endlich eine viel beklagte Lücke geschlossen: Erstmals gibt es nun ein Handbuch zur deutschen Uhrengeschichte in englischer Sprache.

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