Die Uhrenindustrie entsteht

Tischuhr der Lenzkircher Uhrenfabrik

Im 19. Jahrhundert brach sich die Industrielle Revolution ihren Weg – auch für die Uhren aus dem Schwarzwald. In dieser Zeit der Umwälzungen entstanden erste große Firmen. Beginn einer neuen Zeit für die Region?

 

1851 gründete sich in Lenzkirch die Aktiengesellschaft für Uhrenfabrikation, später dann Lorenz Furtwängler Söhne und die Badische Uhrenfabrik in Furtwangen oder die Jahresuhrenfabrik in Triberg. Diese Firmen fertigten Werke und Gehäuse unter einem Dach, hatten damit die ganze Produktion unter Kontrolle und lieferten gleichmäßige Qualität.

Passend zum heimischen Wohnstil waren die Uhrengehäuse in unterschiedlichen historischen Stilen erhältlich: Gotik, Renaissance oder Barock. Um 1900 sollte der Jugendstil neue Impulse geben, doch die modern aussehenden Uhren konnten sich nicht durchsetzen. Es reichte nicht, bloß das Äußere zu aktualisieren, auch die Produktionsweise war veraltet: Die an handwerklichen Maßstäben orientierte Qualität der badischen Uhrenfabriken führte zu Preisen, die kaum noch jemand bezahlen wollte. Spätestens die Weltwirtschaftskrise bedeutete das Aus für die meisten badischen Uhrenhersteller.

Weckerwerk “W10”, millionenfach gebaut und von anderen Uhrenfirmen nachgebaut, Junghans, um 1890

Amerikanerwecker aus dem Schwarzwald

Dazu war mit den neuen Uhrenfabriken im württembergischen Schramberg und Schwenningen eine übermächtige Konkurrenz herangewachsen, welche Uhren zu unschlagbar günstigen Preisen anbot. 1872 begab sich der zwanzigjährige Arthur Junghans in die Vereinigten Staaten. Im Mutterland der industriellen Massenfertigung studierte er die modernen Produktionsmethoden. Zurück in Schramberg führte er in seiner Firma zentrale Elemente wie die Verwendung gestanzter Teile und vereinfachter Gehäuse ein.

Der Babywecker, der Klassiker unter den Störenfrieden aus dem Schlafzimmer, Junghans, um 1890

Diese neuartigen „Amerikaneruhren“ entstanden materialsparend auf Spezialmaschinen. Die Einzelteile waren für eine möglichst schnelle Montage optimiert.

Das robuste Weckerwerk W10 setzte Maßstäbe für die ganze Region. Es wurde bis in die 1930er Jahre in riesigen Mengen produziert. Mit diesem Erfolg stieg Junghans bis 1910 zur größten Uhrenfabrik Europas, wenn nicht gar der Welt, auf.

Der Wecker aus dem Schwarzwald wurde zur preisgünstigsten Uhr im In- und Ausland. Dank der Wecker deckte der Schwarzwald bald 60% des Weltexports an Großuhren.

Was wurde aus den kleinen Werkstätten?

Über ein Jahrhundert lang war die hausgewerbliche Produktion typisch für die Region. Viele Familien arbeiteten in den heimischen Werkstätten, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. An der Schwelle zur Industrialisierung gab es in der Uhrenregion im Schwarzwald rund 1000 kleine Uhrmacherwerkstätten mit schätzungsweise rund 5000 Beschäftigten. Doch auch wenn sich mit der Industrialisierung viel änderte, verschwanden die kleineren Werkstätten nicht einfach. Als Zulieferer für die Uhrenfirmen blieb das traditionelle Hausgewerbe noch lange unverzichtbar.

Und neben den eigentlichen Uhrenfabriken fanden auch kleinere Hersteller wie Johann Baptist Beha in Eisenbach oder Emilian Wehrle in Furtwangen ihre Marktnische durch die Spezialisierung auf Uhren mit Trompeter-Automat oder Kuckucksruf.

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