Objekt des Monats: Eine schlechter Schütze

Ein Männchen, das Knödel isst oder auf einem Seil tanzt. Solche beweglichen Figuren waren bei  alten Schwarzwalduhren beliebt. Nun ist eine Variante mit einer Hetzjagd aufgetaucht. Diese Uhr konnte der Förderverein für das Museum ankaufen.

Was ist im Giebel der Lackschilduhr zu sehen?

Lackschilduhr mit Figurenautomat „Hetzjagd“, Josef Haberer, Neustadt, um 1860, Inv. 2025-012

Zu jeder halben und vollen Stunde hebt der Jäger sein Gewehr und zielt auf ein Reh, das von einem Hund im Kreis gehetzt wird.  Doch der Schuss geht daneben. Denn das Reh ist gerade hinter den Bäumen in der Bildmitte verschwunden. So kann die Jagd beim nächsten Schlag weitergehen.

Sehen Sie selbst, wie sich der Figurenautomat in Bewegung setzt:

 

Die Uhr befindet sich weitgehend im Originalzustand. So sind viele liebevolle Details bei den Figuren erhalten geblieben. Wenn man genau hinsieht, erkennt man sogar ein Eichhörnchen in den Bäumen.

Die Geräusche

Das Geschehen wird akustisch untermalt. Das Bellen des Hundes kommt von einer Kuckuckspfeife. Beim abschließenden Schuss ertönt einen Knall, der entsteht, wenn zwei Metallplatten aufeinanderfallen.

Die Geräusche werden von einer Kuckucksflöte und von zwei Stahlplättchen erzeugt, die aufeinanderfallen.
Der Hund bellt – dank einer Kuckucksflöte. Der Knall für den Schuss ist zu hören, wenn zwei Stahlplättchen aufeinanderfallen.

Wer hat die Uhr gebaut?

Lackschilduhren mit beweglichen Figuren und hölzernem Uhrwerk aus dem 19. Jahrhundert heißen bis heute im Schwarzwald „Männleuhren“. Sie wurden in zahlreichen handwerklichen Uhrmacherwerkstätten im Schwarzwald gebaut. Leider ist meist unbekannt, wo genau diese Uhren entstanden sind. Denn nur wenige wurden von ihren Erbauern signiert.

Signatur des Erbauers „J.(osef) Haberer Neustadt No. 1“ auf der Rückseite.

Hier jedoch ist es anders. An drei Stellen findet sich die Unterschrift von Johann Haberer, der Mitte des 19. Jahrhunderts in Neustadt lebte. Außer dieser Uhr haben sich noch weitere seiner Uhren – allerdings mit anderen beweglichen Figuren – erhalten. Die Uhr mit Hetzjagd ist möglicherweise ein Einzelstück, bei dem Haberer bekannte Elemente wie die Kuckuckspfeife mit neuartigen Funktionen wie dem Knallautomat kombinierte.

Zur Bedeutung der Uhr

Figurenuhren galten in der Vergangenheit als Beleg für den Erfindungsreichtum der Schwarzwälder Uhrmacher. Inzwischen jedoch ist klar, dass der Schwarzwald nur wenig selbst erfunden hat, sondern meist Anregungen von anderswo aufgenommen hat. Geliefert wurde, was gefragt war.

Teils hatten die Schwarzwälder Uhrmacher mit dieser Strategie wirtschaftlichen Erfolg – wie bei den in größerer Zahl erhalten gebliebenen Kapuzineruhren, bei der ein Mönch eine Glocke läutet, deutlich wird. Teils aber floppten phantasievolle Modelle auch – wie das Einzelstück der Hetzjagd zeigt.

 

Während viele Figurenuhren immer nur eine einzelne Bewegung  wiederholen, so erzählt die Hetzjagd eine eigene Geschichte. Das unterscheidet sie deutlich von dem putzigen Knödelesser, vom Glöckner, dem Scherenschleifer oder dem Schnitter.

So attraktiv die Szene mit dem Jäger, dem Hund und dem Reh ist: die Geräuschkulisse ist alles andere als optimal. Denn ein Hund bellt nun einmal nicht wie ein Kuckuck, und auch der abschließende Knall ist viel zu leise, um als Schuss interpretiert werden zu können.

Es ist deshalb kein Wunder, dass dieses „Jagdstück“ nicht in mehreren Exemplaren erhalten geblieben ist. Das schmälert jedoch keineswegs seine Attraktivität.

 

 

 

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