Uhren zu Gast in anderen Museen

Ein wichtiger Teil unserer Arbeit hinter den Kulissen: Uhren an andere Museen auszuleihen. Erstaunlich, in welch unterschiedlichen Zusammenhängen unsere Uhren im In- und Ausland gezeigt werden. Lassen Sie sich überraschen, wohin einige Uhren im vergangenen Jahr 2022 gereist sind.

 

ZUM VERGRÖSSERN DER FOTOS KLICKEN

Tischuhr in Form einer Moschee

Werk: L. Furtwängler Söhne, Furtwangen 1911,
Inv. 2017-041

Im Vorfeld des Ersten Weltkriegs pflegte das Deutsche Reich intensive politische, wirtschaftliche und diplomatische Beziehungen zum Osmanischen Reich. Eine regelrechte Orientmode war die Folge. In Deutschland entstanden nun dekorative Kunstgegenstände wie diese prächtige Uhr, die Versatzstücke aus der traditionellen islamischen Baukultur aufnahmen.

Die Uhr war vom 5. Mai bis zum 20. September 2022 in der Sonderausstellung „Er gehört zu mir. Muslimische Lebenswelten in Deutschland“ zu sehen, die das Westfälische Museum für religiöse Kultur „Religio“ in Telgte gezeigt hat.

 

Babywecker mit Datumsanzeige

Junghans, Schramberg, um 1900, Inv. 12-2405

Wecker wie dieser waren seit etwa 1900 in jedem Haushalt zu finden – auch bei den Ärmsten der Armen. Diese „Störenfriede“ verkörperten wie kein anderer Uhrentyp den tiefen Eingriff der Taktung der modernen Welt in den „natürlichen“ Lebensrhythmus. Erst jetzt, im Zeitalter des Smartphones, beginnen sie allmählich aus dem Alltag zu verschwinden.

Als es den Machern einer Ausstellung zum Thema Zeit in der Kunst darum ging, den immensen Einfluss der Beschleunigung und Taktung auf das menschliche Leben im 20. Jahrhundert zu zeigen, durften diese Uhren nicht fehlen. Das Bad Homburger Museum Sinclair-Haus präsentierte vom 26. September 2021 bis 6. Februar 2022 in „Tempo! Alle Zeit der Welt“ präsentierte ein Potpourri von etwa einem Dutzend Weckern aus dem Deutschen Uhrenmuseum. In Form und Material waren sie typisch für die verschiedenen Stilepochen des vergangenen Jahrhunderts.

 

Kuckucksuhr zur Erinnerung an den Krieg 1870

Werk signiert F. I. Wehrle, Schwarzwald, 1870er Jahre, Inv. 2015-075

Die außergewöhnliche Kuckucksuhr zeigt neben dem badischen Wappen den Schriftzug “Zum Andenken 1870”. In jenem Jahr fand der deutsch-französische Krieg statt, auf den auch einige Motive der Schnitzerei bezugnehmen (Kanonen, Standarten, Trommeln).

Die Uhr gehört zu einem Dutzend Kuckucksuhren aus der Zeit von etwa 1800 bis heute, die bis 29. Januar 2023 in der unterhaltsamen Ausstellung über „Tierische Musik“ im renommierten Musée de la Musique in Paris zu sehen waren.

Die Leihgaben in der Pariser Ausstellung zeigten einen Querschnitt durch die Geschichte der Kuckucksuhr.

„Musicanimale. Le grand bestiare sonore“ ging den Lauten von Tieren nach, die von jeher die Komponisten fasziniert haben. Aber auch die Tatsache, dass durch die Eingriffe des Menschen die ursprüngliche Soundkulisse der Natur zu verschwinden droht, war ein weiterer Schwerpunkt der Ausstellung.

Wer möchte, kann die bebilderte Broschüre (auf französisch) hier neben dem Flyer und weiteren Informationen für den Besuch herunterladen. Auch der Ausstellungskatalog ist wirklich sehr schön gestaltet.

 

Große „Reichs-Kolonial-Uhr“

Badische Uhrenfabrik, Furtwangen, um 1905, Inv. 16-0818

Die Uhr bringt die Kolonialpolitik des Deutschen Kaiserreichs auf den Punkt. Denn die Inschrift „Kein Sonnenuntergang in unserem Reich“ verweist auf die Idee eines weltumspannenden Kolonialreichs. Das Bildprogramm zeigt das aggressive Wesen dieses Expansionsstrebens. 1898 rechtfertigte Kaiser Wilhelm II. die massive Aufrüstung der Marine mit dem Ausspruch, der sich ebenfalls auf der Uhr findet: „Unsere Zukunft liegt auf dem Wasser.“

Weltzeitanzeige der Uhr

Auf der damals neuartigen Weltzeitanzeige konnte man neben der Mitteleuropäischen Zeit zudem auch alle Ortszeiten in den deutschen Kolonien ablesen.

Gerne haben wir dem Wunsch des Freiburger Augustinermuseums entsprochen, die Uhr auch für eine längere Laufzeit auszuleihen, da wir das die Ausstellung „Freiburg und Kolonialismus: Gestern? Heute“ als besonders wichtig erachten. Denn Deutschland und seine Kolonien – noch vor wenigen Jahren war das kein Thema. Doch jetzt wird im Zusammenhang der Diskussionen über den alltäglichen Rassismus die Frage gestellt, wie sich Deutschland zu seiner Verantwortung für die Verbrechen in der Kolonialzeit stellt. Die sehenswerte Ausstellung im Freiburger Augustinermuseum läuft noch bis zum 11. Juni 2023.

 

 

Kommentar verfassen