Ein ganz besonderes Schlagwerk

Im neuen Jahr wird nicht alles anders. Aber beim Objekt des Monats Januar schon. Wir zeigen auf dem Foto nicht wie sonst eine komplette Uhr, sondern nur ein spezielles Rad des Uhrwerks. Neugierig geworden?

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Die Uhr

Nur ein Zeiger und ein Eisenwerk – Kennzeichen einer frühen Räderuhr

Bevor wir das Rätsel des Schlagwerks lüften, möchten wir die Uhr erst einmal als Ganzes beschreiben. Das Uhrwerk mit den geschmiedeten Eisenrädern spricht dafür, dass es sich um einen sehr alten Mechanismus handelt. Es könnte deshalb gut sein, dass die Uhr wirklich 1652 gebaut wurde, wie die Gravur unten auf dem kupfernen Uhrenschild nahelegt.

Auch die Tatsache, dass die Uhr noch keinen Minutenzeiger hat, sondern nur einen Stundenzeiger, weist darauf hin, dass die Uhr vor der Erfindung des Pendels gebaut wurde. Denn die Schwingsysteme oder Hemmungen, die bis dahin üblich waren, ließen meist nur eine geringe Genauigkeit zu. Tägliche Abweichungen von einer Viertelstunde bis hin zu einer halben Stunde waren ganz normal. Folglich brachte es keinen Nutzen, die Minute mit einem eigenem Zeiger anzuzeigen.

In den Ecken links und rechts unten die Jahreszahl 16 52, in der Mitte das unbekannte Wappen.

Zu einem späteren Zeitpunkt ist die Uhr dann – wie viele andere frühe Zeitmesser – mit einem Pendel ausgestattet worden. Dabei wurde die ursprüngliche Hemmung wohl entfernt.

Wer die Uhr gebaut oder besessen hat, konnten wir bislang nicht in Erfahrung bringen. Das Wappen auf der Vorderseite könnte ein Hinweis sein, aber leider wissen wir nicht, welche Familie es verwendet hat.

Wir sind uns aber ziemlich sicher, wo die Uhr gebaut wurde: Auf der italienischen Halbinsel. Das kann man an dem Ausschnitt aus dem Uhrwerk erkennen, der am Anfang gezeigt wurde.

Sechs Schläge, und keiner mehr

Rückseite mit Pendel und Schlossscheibe

Auf der Rückseite des Uhwerks befindet sich ein auffällig geformtes Rad, die sogenannte Schlussscheibe oder Schlossscheibe. Dieses Rad steuert bei vielen älteren Uhren die Anzahl der Stundenschläge. Je länger der Abstand zwischen zwei Kerben auf der glatten Außenseite ist, umso häufiger läutet die Glocke.

Gewöhnlich befinden sich auf der Außenseite der Schlossscheibe insgesamt 11 Kerben – 10 schmalere Kerben und eine etwas breitere. Dort, wo sich die breitere Kerbe befindet, schlägt die Uhr nur einmal. Denn um 1 Uhr fällt der Auslösehebel (oben an der Schlossscheibe) sofort wieder in die gleiche Kerbe ein und stoppt so die Bewegung des Rades, sobald die Uhr einmal geschlagen hat. Um zwei Uhr springt der Hebel auf die glatte Außenseite des Rades und fällt erst dann in die nächste Kerbe ein, wenn der Glockenhebel zweimal auf die Glocke geschlagen hat. Jede Stunde vollzieht sich der gleiche Ablauf, bis sich die Schlossscheibe nach zwölfmaligem Läuten einmal vollständig gedreht hat. Dann beginnt der Vorgang wieder von vorne – mit einem Schlag.

Schlosscheibe des Uhrwerks

Zählen Sie nun bitte einmal die Kerben auf dieser speziellen Schlossscheibe. Richtig, es sind nur zehn, nicht elf Kerben! Was ebenso ungewöhnlich ist: Die glatten Segmente auf der Außenseite der Schlossscheibe werden mit aufsteigender Schlagfolge nicht jedes Mal breiter. Wenn Sie genau hinsehen, werden Sie sehen, dass diese Segmente, die für die Anzahl der Schläge zuständig sind, immer paarweise gleichlang sind, bevor das nächste Pärchen im Vergleich dazu etwas länger wird. Insgesamt gibt auf dieser Schlossscheibe fünf solche Pärchen – zusätzlich zu der breiten Kerbe.

Wie ist das zu erklären? Ganz einfach: Die Uhr schlägt nur von 1 bis 6, dafür aber jede Stunde zweimal. Denn der Glockenschlag wird nach kurzer Zeit wiederholt. Sollte man einmal den Beginn des Stundenschlages verpasst haben, so kann man nach kurzem Warten durch Zuhören überprüfen, wie spät es ist.

Verwendet wurde diese verkürzte Schlagfolge von 1 bis 6 in vielen Regionen der italienischen Halbinsel. Bis ins 18. Jahrhundert teilte man dort die 24 Stunden des Tages in vier Viertel ein – je sechs für den Morgen, den Mittag, den Abend und die Nacht. So hat auch unsere Stundenzählung ihre ganz eigene Geschichte, bei der in Europa während der Frühen Neuzeit neben 4×6 und 2×12 Stunden auch mancherorts die Stunden von 1 bis 24 durchgezählt wurden.

Dieses seltene und für die Geschichte der Zeitmessung so aufschlussreiche Stück hat das Museum aus Privatbesitz gestiftet bekommen. Vielen Dank für diese wertvolle Bereicherung unserer Sammlung!

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