Geschenke, geschmackvoll verpackt

Wer seine Weihnachtspräsente im Uhrengeschäft erwirbt, braucht kein Geschenkpapier. Fast immer erhält man ein repräsentatives Etui gratis dazu. Heute erzählen alte Verpackungen die Geschichte des Uhrenhandels im 20. Jahrhunderts – wie das des Uhrengeschäfts Uhl in Gengenbach.

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Uhren- und Schmuckverpackungen haben eine lange Tradition. Manchmal finden sie sich noch als Muster in Nachlässen, wie dem des Uhrengeschäfts Uhl in Gengenbach, das von 1895 bis 2013 existierte. Von den Nachfahren konnten wir knapp ein Dutzend Etuis aus drei Generationen übernehmen. Sie zeigen die Entwicklung der Uhrenverpackung im 20. Jahrhundert.

Firmengründer Hermann Uhl

Am 9. Juni 1895 eröffnete der 24jährige Hermann Uhl ein Uhrmachergeschäft am Gengenbacher Marktplatz. Er stammte ursprünglich aus Hausach, wo sein Vater als Gastwirt und Uhrmacher lebte. Hermann Uhl war das älteste von 9 Kindern.  Vor der Geschäftseröffnung hatte er bereits in England und der Schweiz gearbeitet.

Werbeplakat, um 1910

Ein Inserat verkündet: „Empfehle eine große Auswahl Taschenuhren, Regulateure, Wecker, Uhrketten etc.“ Wie in vielen Uhrengeschäften kamen später kamen noch optische Erzeugnisse hinzu sowie Gold- und Silberwaren.

Ein Werbeplakat zeigt, was damals beim Uhrmacher gefragt war: Vom einfachen Blechwecker bis zur goldenen Taschenuhr, von der Kuckucksuhr mit geschnitzter Front bis zum prächtig verzierten Regulator. Auch Brillen, Zwicker, Ferngläser und Thermometer gehörten selbstverständlich zum Warensortiment wie Ketten und Schmuckanhänger aller Art.

Etui für eine Taschenuhr, ca. 1910-1920, Inv. 2023-023

Mehrere Etuis aus der Ära des Firmengründers fanden sich im Nachlass. Neben einem Schächtelchen für eine Damenuhr tauchte eine unbenutzte runde Verpackung auf, in das der Uhrmacher vor dem Verkauf “Feinstes Putzpulver” für Gold- und Silberwaren eingefüllt hätte. Besonders prächtig ein Etui für eine Taschenuhr: Außen mit Papier in Schlangenlederoptik überzogen, innen mit Samt und Seide gefüttert. Solchermaßen geschützt, wurden viele kostbare goldene Taschenuhren von Generation zu Generation weitergegeben.

Hugo Uhl

Etui mit Signet “Zentra”, wohl 1930-1940, Inv. 2023-025

1927 starb Hermann Uhl im Alter von knapp 56 Jahren. Das Geschäft wurde von seinem Sohn Hugo übernommen.

Schon bald wurde Hugo Uhl Mitglied der Zentra, einem Zusammenschluss von Uhrmachern mit dem Ziel, durch gemeinsamen Einkauf bessere Konditionen bei den Uhrenfabriken zu erhalten. Diese verhältnismäßig preiswerten Qualitätsuhren wurden unter dem Markennamen „Zentra“ vertrieben, der einen so guten Klang hatte, dass Hugo Uhl auch auf seinen Etuis darauf hinwies.

Hugo Uhl und seine Frau Rosa in den Geschäftsräumen, wohl um 1940

1952 erweiterte und modernisierte Hugo Uhl die Geschäftsräume. In den Folgejahren ließ er im Gengenbacher Kino Werbedias für Brillen, Schmuck und Silberwaren zeigen, die neben den eigentlichen Artikeln eines Uhrengeschäfts hier zu kaufen waren.

Lange konnte Hugo Uhl den geschäftlichen Erfolg im Zeitalter des beginnenden „Wirtschaftswunders“ nicht genießen. Wie sein Vater so starb auch Hugo Uhl recht früh, am 5. September 1959 im Alter von 62 Jahren.

Hermann Uhl

110 Jahre Uhrengeschäft Uhl, 2005, links: Hermann Uhl jr. und seine Frau Gertrud

Hugo Uhl nannte seinen Sohn nach seinem Vater, dem Firmengründer Hermann Uhl. Auch Hermann Uhl jr. wurde Uhrmacher und absolvierte anschließend noch eine Lehre als Optiker. Aber anders als sein Vater konnte er das Geschäft nach dem Tod des Vaters Hugo Uhl zunächst nicht übernehmen. Er wurde bei seiner Mutter angestellt, denn die Witwe führt das Geschäft bis ins hohe Alter hinein weiter.

Nach dem Umbau 1985

1985 und dann noch einmal 1994 ließ Hermann Uhl jr. das Geschäft noch einmal umbauen und vergrößern. 1995 konnte das 100jährige Firmenjubiläum gefeiert werden.

Da sich die Situation der Uhrengeschäfte in den 2000er Jahren zunehmend verschlechterte, entschloss sich der Inhaber, das Geschäft zum 31. August 2013 zu schließen. Damit endete nach 118 Jahren und drei Generationen Uhrmacher die Geschichte des traditionsreichen Uhren-, Schmuck- und Brillengeschäfts.

Ein schwacher Trost bleibt: Auch 2023 werden die Geschäftsräume weiter genutzt, allerdings nicht mehr als Uhrengeschäft, sondern als Fotogeschäft.

Etuis – auch leer ein Schatz

Es ist ein ausgesprochener Glücksfall, dass die Familie Uhl bei der Geschäftsaufgabe anders als viele andere ehemalige Firmeninhaber und Nachkommen den Nachlass sorgfältig aufbewahrt hat. Dabei blieben auch die Etuis aus drei Generationen erhalten. Nach der Schließung hat Gertrud Uhl, die Ehefrau von Hermann Uhl jr., die Geschichte der Firma in mühevoller Kleinarbeit aufgeschrieben. Auf diese Weise sind viele Details der Geschichte erhalten geblieben, die sonst wohl verloren gegangen worden wären.

Etuis aus 3 Generationen des Uhrengeschäfts Uhl

In diesem Jahr erhielt das Uhrenmuseum große Teile des Nachlasses und ein Exemplar der Firmenchronik als Geschenk. Zum ersten Mal können wir nun das stellvertretende Schicksal eines Uhrengeschäfts im 20. Jahrhundert auch mit dreidimensionalen Objekten wie den Etuis oder anderen Werbematerialien nachzeichnen. Vielen Dank an die Familie Uhl für diese wertvolle Unterstützung unserer Arbeit.

2 Kommentare zu „Geschenke, geschmackvoll verpackt

  1. Als Freund von Hermann und Gertrud Uhl habe ich aus der Nähe mitbekommen, wie sorgfältig Dokumente und Verpackungen aus den vielen Jahren des Bestehens des Geschäftes aufbewahrt wurden. Gertrud Uhl hat einen lesenswerten Bericht über die Entwicklung des Geschäfts. Helmut Schmidt Freiburg

    1. Ja, der Nachlass ist für uns als Museum so wertvoll, weil Frau Uhl die Geschichte des Uhrengeschäfts so sorgfältig beschrieben hat. Leider ist die reich bebilderte Dokumentation viel zu lang, um auf unserem Blog veröffentlicht zu werden. Wer sich dafür interessiert, kann Sie aber bei uns im Museum einsehen.

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