Industrielles Kulturerbe – auch in Furtwangen

Seit 2009 ist das Deutsche Uhrenmuseum Ankerpunkt des Netzwerkes ERIH, also der „European Route of Industrial Heritage“, zusammen mit der Deutschen Uhrenstraße. Aber was bedeutet das? Und was haben unsere Uhren mit Industriekultur zu tun?

Zeche Zollverein in Essen (D), ehemals größtes Steinkohlebergwerk in Europa, heute Welterbe und Kulturzentrum.

ERIH, die Route der Industriekultur in Europa, ermöglicht eine Entdeckungsreise zu den touristisch attraktiven Stätten des industriellen Kulturerbes auf unserem Kontinent. Einige davon zählen sogar zum UNESCO Weltkulturerbe. Heute umfasst das ERIH-Netzwerk mehr als 1700 einzelne Standorte. Das Spektrum reicht von der frühen Eisenindustrie in England und Wales zur Zeche Zollverein in Essen mit dem Ruhrmuseum, über Bergwerke in Polen, zu Wasserkraftwerken in Norwegen. Auch die Pilsener Brauerei in Tschechien, Textilmuseen in Italien und Deutschland oder Eisenbahnsysteme in fast allen Ländern gehören zu den Mitgliedern. Zusammen erzählen diese Orte und Stätten die große Geschichte der Industrialisierung in Europa.

Iron Bridge bei Telford (GB) von 1779. Die erste Eisenbrücke der Welt und UNESCO-Weltkulturerbe.

 

Ohne Industrie sähe unsere Gegenwart anders aus

Massenproduktion, Arbeitsteilung, Mechanisierung und die Arbeit in Fabriken – all das unterscheidet die Industrie vom klassischen Handwerk. Dadurch sollen immer größere Mengen an Gütern immer schneller produziert werden. Die Auswirkungen seit dem 19. Jahrhundert waren umwälzend: Lebensverhältnisse, Gesellschaft, Politik, Kriegsführung, Energiebedarf, Umwelt… Nichts blieb von der Industrie unbeeinflusst, ohne sie wäre unsere heutige Lebenswelt eine andere.

 

Uhren als Taktgeber der Industrialisierung

Klassischer Wecker von Junghans, Schramberg um 1930. Deutsches Uhrenmuseum Furtwangen
Stechuhr für 200 Arbeiter, Bürk, Schwenningen um 1900. Deutsches Uhrenmuseum Furtwangen

Mehr Produktion in immer kürzerer Zeit, also eine höhere Arbeitsleistung – das lässt sich auch physikalisch ausdrücken: Mehr Arbeit je Zeiteinheit wurde verrichtet. Und hier kommen die Uhren ins Spiel, denn sie geben die Zeiteinheiten vor. Passend zu den Anforderungen der Industrie wurden auch die Zeitmesser weiterentwickelt: Wecker sorgten dafür, dass die Arbeiter rechtzeitig für ihre Schicht bereit waren, Arbeitszeitkontrolluhren registrierten die Anwesenheit. Zur Arbeit im Akkord bedurfte es weiterer hochspezialisierter Zeitmesser.

Die Schwarzwälder Uhrenindustrie entwickelte und lieferte.  Einige hundert Millionen Uhren wurden zwischen 1880 und 1980 in etliche Länder exportiert. Jede dritte Uhr weltweit stammte Anfang des 20. Jahrhunderts aus dem Schwarzwald. Firmen wie Junghans oder Mauthe setzten international Maßstäbe mit der Fabrikation von Großuhren und Metallweckern. Andere Firmen spezialisierten sich auf Kontrolluhren. Diese Uhren setzten den Pulsschlag der industriellen Fertigung in Europa.

Uhren gehören zur Industriekultur
So überrascht es nicht,  dass wir beim Reisen zu ERIH-Standorten immer wieder genau diesen Uhren aus dem Schwarzwald begegnen. Als Hauptuhr im Zimmer des Direktors, als Stempeluhr am Werktor oder Einheitsuhren im Maschinenraum.

Schaltzentrale des Wasserkraftwerks in Tyssedal (N) ab 1918.

Umgekehrt ist die Industriegeschichte der Uhr im Schwarzwald an zahlreichen Orten Thema für Besucher: Entlang der Deutschen Uhrenstraße bietet jeder einzelne Ort Anlaufpunkte mit Erlebniswert! Highlights sind das Uhrenindustriemuseum in Schwenningen, das Junghans-Terrassenbau-Museum in Schramberg, die weltgrößten Kuckucksuhren und natürlich das Deutsche Uhrenmuseum in Furtwangen.

 

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