In diesem Monat jährt sich zum 250. Mal der Geburtstag von Alois Senefelder. Er machte 1796 eine Entdeckung, mit der vor allem in der graphischen Kunst des 19. Jahrhunderts eine neue „Steinzeit“ anbrach. Das war durchaus positiv und hatte indirekt sogar Auswirkungen auf die Uhrenherstellung.
Kalkstein war in der Kunst kein neues Material. In Architektur und Bildhauerei war es bereits seit Jahrhunderten im Einsatz. Doch Alois Senefelder machte sich die besonderen physikalischen Eigenschaften des Steins zunutze und erfand eine neuartige Drucktechnik. Der Steindruck, meist unter dem griechischen Begriff „Lithographie“ bekannt, wurde eines der wichtigsten Verfahren zur Vervielfältigung von Bildern im 19. Jahrhundert.
Das Verfahren ermöglichte ganz neue künstlerische Ausdrucksformen, die mit den früheren graphischen Verfahren wie Kupferstich und Radierung noch nicht möglich waren. Außerdem war es günstig und konnte zur Illustration von Büchern oder Zeitschriften benutzt werden – oder zur Verzierung von Zifferblättern. Auch Etiketten oder Musterbücher konnten so in großer Auflage hergestellt werden und fanden ihren Weg in die Uhrmacherei. Erst Anfang des 20. Jahrhunderts löste der neuartige Offset-Druck die Lithographie als meistverwendetes Massendruckverfahren ab.
Vom Kalkstein zum gedruckten Bild
Senefelder war weder Naturwissenschaftler noch bildender Künstler, sondern Musiker, Schriftsteller und Schauspieler. Eher zufällig kam er auf den Gedanken eine Steinplatte als Druckstock für Notenblätter zu verwenden. Der feinkörnige Solnhofener Plattenkalk bot die perfekte Ausgangsbasis dafür.
Dem Verfahren liegt ein einfacher chemischer Vorgang zugrunde: Fett und Wasser stoßen sich ab. Zuerst wird mit fetthaltiger dunkler Tusche ein spiegelverkehrtes Negativ auf den hellen Stein gemalt, danach werden die unbemalten Stellen mit einer wässrigen, sauren Lösung behandelt. Anschließend haftet nur noch auf den vorher mit Tusche bemalten Partien die ebenfalls fetthaltige Druckfarbe. Die übrige Oberfläche des Steins stößt die Farbe ab. So wird nur das gewünschte Motiv gedruckt, die weißen Stellen bleiben ohne Farbe.
In der Sammlung des Deutschen Uhrenmuseums befindet sich ein solcher „Druckerstein“ mit einem Ziffernblatt im Jugendstil. Er stammt aus der Zeit um 1900, also aus den letzten Jahren, bevor die Lithographie an Bedeutung verlor. Auf den ersten Blick fällt hier auf: Das Ziffernblatt ist eben nicht spiegelverkehrt! Auf Papier oder Blech wäre der Druckabzug dann verkehrt herum.
Vielleicht sollte der Entwurf auf eine durchsichtige Scheibe gedruckt werden. Die Farbe wäre dahinter gegen Abrieb geschützt, durch das Glas könnte man die Zeitanzeige aber dennoch gut ablesen. Oder die Platte diente zur Herstellung von Abziehbildern. Dafür wäre das Motiv vorübergehend auf ein Trägermaterial gedruckt worden. Von dort wäre es dann später auf den eigentlichen Untergrund, nämlich auf das Ziffernblatt am Uhrengehäuse übertragen worden.