Rechenschieber – was ist das?

Heute kaum noch bekannt, war der Rechenschieber lange Zeit ein unentbehrliches Hilfsmittel für die Berechnungen der Ingenieure. Die Erfindung der elektronischen Rechenmaschinen und Computer führte ab den 1970er Jahren jedoch zum raschen Verschwinden des praktischen Instruments. Diese Taschenuhr mit Rechenscheibe führt uns in die vorelektronische Zeit zurück.

Das Titelbild zeigt eine Taschenuhr mit Rechenscheibe nach dem Patent von Meyrat & Perdrizet. A. Beaudroit, Seloncour (F) um 1880. (Inv. 2014-005)

Wer hats erfunden?

Das Prinzip des Rechenschiebers geht zurück auf den Schweizer Uhrmacher Jost Bürgi (1552-1632). Er veröffentlichte 1620 die ersten Logarithmen-Tabellen. Damit konnte man komplizierte Rechnungen stark vereinfachen.

Kurz nach Bürgis Tod entwickelte der englische Pastor William Oughtred (1574-1660) auf dem Prinzip der Logarithmen die ersten Rechenschieber. Multiplizieren oder gar Wurzeln ziehen war damit im Handumdrehen möglich.

James Watt (1736-1819), der Erfinder der Dampfmaschine, erkannte die praktische Bedeutung des Rechenschiebers für die Arbeit des Ingenieurs. Seine „Soho-Sliding Rule“ wurde zum unentbehrlichen Werkzeug für Ingenieure.

Abbildung der “Soho Sliding Rule” aus: John Farley, A Treatise on the Steam Engine, London 1827, S. 568.

Uhren mit Rechenschieber

Neben den stabförmigen Rechenschiebern gab es von Beginn an auch runde Rechenscheiben. 1880 ließen sich Charles Meyrat und Rodolphe Perdrizet die Kombination einer solchen Rechenscheibe mit einer Taschenuhr patentieren. Die Uhrenfabrik von Alphonse Beaudroit in Seloncourt stellte in der Folge solche Uhren mit Rechenscheibe her.

Patentzeichnung für eine Taschenuhr mit Rechenscheibe von Meyrat & Perdrizet, Paris 1880. Die Patentschrift findet sich hier.

Auch im 20. Jahrhundert gehörte der Rechenschieber zunächst noch zum unentbehrlichen Werkzeug für den Ingenieur. Doch nach dem Zweiten Weltkrieg hielt der Computer Einzug in die Arbeitswelt. Diese neuen Maschinen rechneten um ein Vielfaches schneller und genauer. IBM behauptete 1951 stolz, dass ein Computer 150 Ingenieure ersetzen könne.

Ein Computer leistet soviel wie 150 Ingenieure. IBM -Reklame von 1951.

Zwar gehörten Rechenschieber noch Anfang der 1970er Jahre zur Ausrüstung der Apollo-Mondflüge, sie waren aber eher für Notfälle gedacht. Auch die Armbanduhren mit Rechenscheiben aus dieser Zeit sind nicht wirklich brauchbar. Aufgrund der kleinen Skalen war damit höchstens eine grobe Resultatschätzung auf zwei oder drei Stellen möglich.

Die sprunghafte Entwicklung der Mikroelektronik in den 1970er Jahren machte es jedoch möglich, elektronische Armbanduhren herzustellen. Hewlett-Packard präsentierte 1977 mit dem Modell „HP 01“, eine Armbanduhr mit Rechnerfunktion. Wie die Firma stolz hervorhob, enthielten die Integrierten Schaltungen nicht weniger als 38.000 Transistoren und waren weit leistungsfähiger als ein einfacher Taschenrechner. „HP 01“ konnte sogar Rechnungen mit Einbezug der aktuellen Zeit durchführen. Das hatte natürlich seinen Preis. In der einfachen Stahlausführung kostete das Gerät 650 Dollar oder 1500 Deutsche Mark.

Armbanduhr “HP 01” mit integriertem Rechner. Hewlett-Packard, USA 1977. (Inv. 2009-088)

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