Uhrmacher als Stadtgründer?

Terryville – der Name erinnert an die Uhrendynastie der Familie Terry. Dass eine Gemeinde den Namen von Uhrmachern trägt, macht uns neugierig: Mit dem heutigen Beitrag begeben wir uns daher mitten in die Uhrenregion der USA, nach Neu-England, etwa 100 km nordöstlich von New York.

Für Freunde amerikanischer Zeitmesser erinnert die Landkarte der Region, im heutigen US-Bundesstaat Connecticut, an bekannte Uhrenfabriken: “Waterbury” oder “New Haven”  wurden nach den Städten benannt, in denen sie beheimatet waren. Für Terryville liegt der Fall etwas anders: Hier ließ Eli Terry Junior (1799-1841) Uhren fertigen.

Horseshoe Falls, Terryville

Seine erste Fabrik gründete er buchstäblich auf der grünen Wiese, in der wasserreichen Niederung des Pequabuck River zwischen Bristol und Plymouth. Hier stand Wasserkraft für die Maschinen im Überfluss zur Verfügung, zudem ließen sich die natürlichen Teiche zu Speicherseen erweitern.

Sein Vater, Eli Terry Senior (1772-1852) gehört zu den Pionieren der amerikanischen  Uhrenindustrie.  Er war der Erste, der Uhrwerke mit standardisierten Teilen produzierte.

1806 erhielt Terry einen Großauftrag zur Fertigung von 4000 Holzuhrwerken, die er innerhalb von drei Jahren liefern sollte. Zunächst baute er Maschinen und Vorrichtungen zum passgenauen Herstellen der Einzelteile. So konnten die Uhrwerke ohne Nacharbeit zusammengesetzt werden. Jedes Teil passte in jedes Werk.

Auch ungelernte Arbeitskräfte konnten diese Werke montieren. In einer Region mit wenigen Fachkräften war dies ein entscheidender Vorteil – und hiermit war der Schritt zur Massenfertigung getan.

Holzuhrwerk nach Eli Terry, um 1820 (Deutsches Uhrenmuseum Inv. 1995-337)

Zehn Jahre später entwickelte er ein verbessertes Holzuhrwerk mit standardisierten Einzelteilen, das ohne aufwändige Nacharbeit zusammengesetzt werden konnte. Mit diesem Werk avancierte Terry zum erfolgreichsten Uhrenhersteller seiner Zeit.

 

Shelf Clock, Eli Terry & Sons, um 1828 (Inv. 2018-062) Dekorativ, kompakt und erschwinglich.

Eli Terry gilt auch als Erfinder der sogenannten Shelf Clocks. Mit ihrer flachen Bauweise fanden diese Uhren überall einen Platz und verkauften sich daher sehr gut. Über Jahre hinweg arbeitete er daran, seine Uhren zu verbessern und durch Patente zu schützen. Nachahmer und Lizenznehmer, so auch Seth Thomas, ließen nicht lange auf sich warten.

Eli Terry Junior (1799-1841) ist heute der bekannteste von drei Söhnen Terrys, die sich der Uhrenfertigung widmeten. Er war es, der 1824 die Uhrenproduktion aus der Stadt Plymouth CT heraus etwa drei Kilometer weiter östlich an den Pequabuck River verlegte.

Nur wenige Jahre später kaufte Eli Terry Jr. eine Firma für Beschläge und Vorhängeschlösser. Er starb 1841, doch die spätere Eagle Lock Company blieb auf Erfolgskurs. Sie expandierte und exportierte; Eagle Lock wurde in den USA zum Inbegriff für Vorhängeschlösser.

Der Name von Eli Terry Jr. bürgerte sich als Name der jungen Industriesiedlung rasch ein. 1861 schrieb der frühere Uhrenfabrikant Chauncey Jerome in seinen Lebenserinnerungen, das die Gegend „nun als Terryville bekannt“ sei. Später wird der Name ganz selbstverständlich verwendet.

Vorhängeschlösser im ehrenamtlich geführten Lock Museum of America, Terryville

Die Eagle Lock Company gab in den besten Zeiten bis zu 2400 Menschen Arbeit, bis 1975 prägte sie die dort entstandene Siedlung. Im Lock Museum of America wird die Geschichte des Ortes und der Fertigung erzählt.

Wenige Meter weiter sieht die Lage im heutigen Terryville anders aus. Die Einwohnerzahl hat sich zwischen 2000 und 2010 halbiert. Heute verteidigt Terryville seine Position als größtes Dorf in Connecticut. Sein Ruf als Heimat der Uhren von Eli Terry und später der Eagle Lock Company bleibt davon aber unberührt.

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