Bei einer EU-Umfrage im Juli und August hat sich eine deutliche Mehrheit von 84 Prozent gegen die alljährliche Zeitumstellung ausgesprochen. Das war zu erwarten. Aber dass sich etwas ändern sollte, war nicht so klar. Wieso? Lesen Sie hier unseren Kommentar anlässlich der zu Ende gehenden Sommerzeit.
„Die Menschen wollen das – wir machen das.“ Mit diesen Worten hat Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker das Ergebnis des Votums der EU-Bürger über die Sommerzeit kommentiert. Eine überwältigende Mehrheit sagte Nein zur Zeitumstellung. Deshalb können die Mitgliedsländer im Herbst 2019 entscheiden, wie sie es in Zukunft halten wollen: eine ganzjährige Rückkehr zur Mitteleuropäischen Zeit oder Sommerzeit auch im Winter?
Schon im Vorfeld war sonnenklar, dass sich die EU-Bürger gegen das alljährliche Zeigerdrehen aussprechen würden. Denn Umfragen hatten seit Jahren die zunehmende Ablehnung der Zeitumstellung konstatiert. So hielten schon 2015 laut Forsa-Institut 73 Prozent der Befragten die Sommerzeit für überflüssig und forderten ihre Abschaffung. Auch die Regierungspartei CDU hatte 2014 ganz offiziell in den immer lauter werdenden Chor der Gegner eingestimmt. Auf ihrem Berliner Parteitag hatten die Christdemokraten beschlossen: „Wir setzen uns dafür ein, dass die Zeitumstellung in Europa abgeschafft wird und zukünftig wieder eine einheitliche ganzjährige Zeit gilt.“
Doch dieses Ziel schien in weiter Ferne. Schließlich musste die Abschaffung der Sommerzeit auf europäischer und nicht auf nationaler Ebene beschlossen werden. Für die EU war die Zeitumstellung angesichts der zahlreichen internationalen Krisen kein Thema. So bemerkte Reinhard Hönighaus, Sprecher der Europäischen Kommission in Deutschland, 2015: „Diese Kommission kümmert sich um die wesentlichen Dinge für Europa und hält sich in den weniger wichtigen Dingen zurück. Die immer wiederkehrende Debatte um die Sommerzeit, so interessant sie sein mag, gehört für die Kommission nicht zu den wesentlichen Dingen.“
In der Zwischenzeit hat sich viel getan. Seit dem 20. Januar 2017 ist mit Donald Trump ein Populist Präsident der Vereinigten Staaten. Was wichtig und unwichtig ist, wird seitdem nicht nur in den USA danach bewertet, was mehr Aufmerksamkeit erregt und die eigene Wählerschaft mobilisieren kann. Die Frage der Sommerzeit mag vielleicht weniger entscheidend sein als die Finanzkrise, aber die Gemüter vieler EU-Bürger bewegt sie dennoch mehr als der Schuldenberg und desolate Banken. Deshalb verwundert es nicht, dass Jean-Claude Juncker vollmundig verkündet hat, dass er den Willen der EU-Bürger zur Sommerzeit umsetzen wird. Das Signal ist klar: Wir von der Kommission respektieren den Willen der Wähler. Wir sind gar nicht so abgehoben, wie viele immer denken.
Die Idee der Sommerzeit ist seit ihrer Entstehung umstritten. Kein Wunder also, dass sie schon mehrfach eingeführt und wieder abgeschafft wurde. Weitere Beiträge dazu finden Sie hier:
Endlich wird die Sommerzeit abgeschafft – vor 100 Jahren
Doppelte Sommerzeit – doppeltes Ärgernis?
Wenn ich das richtig verstanden habe, wird die Normalzeit (Winterzeit) abgeschafft und die Sommerzeit wird zur Normalzeit.
Jedenfalls in den meisten Europäischen Ländern.
Anscheinend haben sich viele der an der Abstimmung Beteiligten dafür ausgesprochen, ganzjährig die Sommerzeit beizubehalten. Aber ob es am Ende auch so kommen wird? Das bleibt wohl abzuwarten.