Als erstes Land weltweit führt Deutschland die Sommerzeit ein, am 1. Mai 1916. Kaum drei Jahre später, im April 1919, möchte die neue Republik die ungeliebte Sommerzeit nicht mehr.
1916 – Deutschland führt die Sommerzeit ein
Mitten im Ersten Weltkrieg entscheidet sich Deutschland für die Sommerzeit. Von der Zeitverschiebung verspricht sich das Kaiserreich Einsparung von Rohstoffen, die an der Front dringend gebraucht werden. Im kriegsmüden Deutschland schürt die Sommerzeit neue Hoffnung auf eine Wende an der Front. Schließlich sind die kaiserlichen Truppen dem Gegner nun eine weitere Stunde voraus.
Doch der Krieg wendet sich für die Deutschen nicht zum Guten. Auch die Erwartungen an positive Effekte auf Energieverbrauch und Nahrungsmittelproduktion erfüllen sich nicht. Am 11. November wird in Compiègne bei Paris der Waffenstillstand unterzeichnet. Der Krieg hat mehr als 15 Millionen Menschen, darunter etwa die Hälfte Zivilisten, das Leben gekostet. Ganze Landstriche wurden verwüstet.
Der größte Wunsch aller ehemaligen Kriegsparteien auf beiden Seiten: Rückkehr zur Normalität. So stehen in der ersten deutschen Republik auch alle Zwangsmaßnahmen auf dem Prüfstand, darunter auch die Sommerzeit.
1919 – „Wer will denn eigentlich die Sommerzeit?“
Am 5. April 1919 legt die Regierung den Entwurf für ein Sommerzeitgesetz vor. Die Argumente sind die gleichen wie in Kriegszeiten. Aber die Zeiten sind vorbei, da die sommerliche Verschiebung der Zeiger als Verordnung einfach hingenommen wurde. Die Mehrheit der Redner im Parlament spricht sich gegen die Sommerzeit aus.
Selbst der Verwaltungsjurist Otto Max Köbner, der für die Reichsregierung den Gesetzesentwurf begründet, kann sich berechtigten Einwänden nicht verschließen. Er beschreibt – unfreiwillig komisch – die Position der Milchbauern:
„Die Landwirtschaft hat von Anfang an […] gesagt […]: die Kühe machen die Sommerzeit eben nicht mit; und da sich die Kühe nicht nach uns richten, müssen wir uns eben nach den Kühen richten.“
Die Verkürzung der täglichen Arbeitszeit von 10 auf 8 Stunden hat ein entscheidendes Argument für die Sommerzeit entkräftet. Arbeiter und Angestellte haben durch diese wichtige sozialpolitische Maßnahme auf Dauer zwei Stunden Tageslicht gewonnen – ganz ohne Zeitverschiebung im Sommer.
Wichtiger noch als alle Argumente: Die Abgeordneten wehren sich gegen jegliche Fremdbestimmung, gegen Eingriffe des Staates in das Privatleben. Gottlieb Kenngott von der SPD bezeichnet die Sommerzeit als „Schikane“ und „sehr lästige Maßregel“.
Die allgemeine Ablehnung der Sommerzeit brachte Carl Diez von der Zentrumspartei auf den Punkt:
„Wer will denn eigentlich die Sommerzeit? Kein Mensch in ganz Deutschland außer dem Reichskohlenkommissar und der deutschen Regierung.“
Die Gesetzesvorlage scheitert an einer breiten Mehrheit quer durch alle politischen Lager. Erst im Zweiten Weltkrieg wird die Sommerzeit in Deutschland erneut eingeführt.
Zum Weiterlesen
Sommerzeit
1947: Doppelte Sommerzeit – doppeltes Ärgernis?
Wer hat an der Uhr gedreht? Die Geschichte der Sommerzeit (Buchtipp aus dem Museumsshop)
Weltzeit und Mitteleuropäische Zeit
Das ABC der Zeit. Weltzeituhr nach Sandford Fleming
Die Erfindung der Weltzeit (auf der Website des Deutschen Uhrenmuseums)
Die Sommerzeit gehört endlich abgeschafft, weil sie eine reine Schikane für Menschen und Tiere sowie gesundheitsschädlich ist!
Vielen Dank für Ihre Meinung. In Deutschland möchte die Mehrheit die Sommerzeit abschaffen – in den Nachbarländern hat sie aber viele Freunde. Wie soll man sich da einigen?
Das Problem würde nur größer, wenn Deutschland aufhören würde, im Sommer die Zeit umzustellen. Denn dann müsste jeder, der die Grenze überschreitet, an der Uhr drehen. Wir wären in die 1970er Jahre zurückgeworfen, als kaum jemand wusste, wie spät es denn in den unterschiedlichen Ländern Europas ist. Einige Staaten stellten damals die Uhren nicht um, andere aber schon. Erschwerend kam hinzu, dass die Sommerzeit zu unterschiedlichen Zeitpunkten anfing und endete. Möchten Sie dieses Zeitchaos wirklich zurück, das damals die Gemüter erhitzte? Verfechter einer europaweiten Regelung der Uhrzeit schlagen vor: Arrangieren Sie sich mit der Sommerzeit, auch wenn Sie sie nicht mögen. Stellen Sie Ihren Wecker am Beginn jeder der vier Wochen vor Beginn der Sommerzeit auf eine viertel Stunde früher. Dann wird Ihnen die Zeitumstellung sicherlich leichter fallen. Und es ist auch nicht gesundheitsschädlich.
Damit der Quatsch endlich aufhört, wäre es z. B. ein Leichtes, sich einfach in der Mitte zu treffen als Kompromiss?!
…OHNE WEITERE ZEITUMSTELLUNGEN!!!