Der Lauf der Sonne zeigt uns auf eindrückliche Art den Lauf der Zeit. Sonnenuhren waren denn auch die ersten Zeitmesser. Unsere Art, die Zeit einzuteilen, hat sich jedoch erst langsam im Verlauf der Geschichte entwickelt. Woher kommen also unsere Stunden?
Gleich lange Stunden? Keine Selbstverständlichkeit!
Bis ins späte Mittelalter waren keine gleichmäßig langen Stunden in Gebrauch. Stattdessen teilte man in Mitteleuropa den Tag in zwei mal zwölf Teile, die sogenannten Temporalstunden. Für den Alltag spielten Stundenangaben aber kaum eine Rolle. Da es im Sommer jedoch länger hell ist als im Winter, waren auch die je zwölf Stunden des Tages und der Nacht im Jahresverlauf je nach Jahreszeit unterschiedlich lang.
Auch die meisten mittelalterlichen Sonnenuhren zeigten keine gleichlangen Stunden. Bei ihnen stand der Schattenwerfer senkrecht zum Zifferblatt mit einem Halbkreis aus zwölf gleichgroßen Segmenten. Auf solchen Sonnenuhren durchquert der Schatten am Morgen und Abend ein Stundensegment schneller als am Mittag – eine Folge der Neigung der Erdachse zur Umlaufbahn um die Sonne. Auf diesen Sonnenuhren sind die Stunden mittags länger als zu anderen Tageszeiten!
Die ungleichmäßig langen Stunden wurden mit den mechanischen Räderuhren zu einem Problem. Denn mit den neuartigen Uhrwerken bewegten sich die Zeiger mit konstanter Geschwindigkeit. Für eine Übergangszeit zeigten die Zifferblätter der mechanischen Uhren sowohl die Temporalstunden als auch die gleichmäßig langen Stunden.
Auch die Sonnenuhren sollten bald gleichmäßig lange Stunden anzeigen. Dazu wurde der Schattenstab parallel zur Erdachse ausgerichtet, je nach Standort also mehr oder weniger geneigt.
Das Stellen der Uhr nach der Sonne
Im Laufe des 18. Jahrhunderts setzten genau laufende Pendeluhren einen neuen Standard an Präzision. Nun mussten sie auch genauer gestellt werden. Dazu dienten weiterhin unterschiedliche Arten von Sonnenuhren.
In größeren Städten oder auf manchen Schlössern (zum Beispiel im Südgarten des Ludwigsburger Schlosses) gab es „Mittagskanonen“, die mit einem lauten Knall den höchsten Sonnenstand verkündeten. Ein entsprechend ausgerichtetes Brennglas entzündete am Mittag das Schießpulver in der Kanone.
Für den Hausgebrauch konnte man im 19. Jahrhundert „Sonnensextanten“ kaufen. Diese erlaubten, zusammen mit einem Tabellenbuch, minutengenaue Zeitbestimmung. Das Tabellenbuch musste jedoch auf die geographische Breite des Standorts berechnet sein.
Wer es noch genauer wissen wollte, konnte mit einem „Passagenfernrohr“ in der Nacht den Durchgang eines Sterns sekundengenau bestimmen. Mit Hilfe astronomischer Kalender, den sogenannten Ephemeriden, ließ sich die Ortszeit berechnen, wenn man die genaue geographische Position des Beobachtenden berücksichtigte.
Und heute? Wenn wir unsere Uhren stellen wollen, brauchen wir diese Hilfsmittel nicht mehr. Längst gehört das Problem der unterschiedlich langen Stunden der Vergangenheit an. Über Funksender, Computer und mobile Endgeräte wird die amtliche Zeit überallhin verteilt.