Zeitzonen – was gilt wo?

Eigentlich klingt es ja ganz einfach: Die Oberfläche des Planeten wird der Länge nach in 24 gleich breite Abschnitte unterteilt, in denen die aktuelle Tageszeit um jeweils eine Stunde verschoben ist. In der Praxis gibt es aber viele Fälle, bei denen von diesem Prinzip abgewichen wird. Warum nur?

Warum es überhaupt Zeitzonen gibt, können Sie hier nachlesen.

Zeitzonen orientieren sich an Ländergrenzen

In Wirklichkeit sind die Zonengrenzen keine geraden Linien von Pol zu Pol, sondern orientieren sich an nationalen Grenzen. Dadurch fransen die Ränder dieser Zonen mehr oder weniger nach Westen und Osten hin aus, bis hin zu ausgesprochenen „Beulen“ in diese oder jene Richtung.

Quelle der ursprünglichen Karte: https://www.freeworldmaps.net/de/weltkarten/umrisskarte.jpg
Ein Beispiel: Die rote Linie zeigt die (theoretische) westliche Grenze der Zeitzone UTC-3 in Südamerika. Die rot markierten Staaten zeigen die enorme Ausbuchtung der tatsächlichen Zeitzone nach Westen. Orange markiert sind Staaten oder Teile davon, die sich in der angrenzenden Zeitzone befinden.

Obwohl der Nullmeridian immer noch derselbe ist wie seit der Konferenz von 1884 und durch Greenwich verläuft, ist die Bezugsgröße heute nicht mehr die eigentliche Greenwich Mean Time – denn die wurde bis ins 20. Jahrhundert astronomisch bestimmt. Heute wird die sogenannte Koordinierte Weltzeit UTC auf Basis der modernen Atomzeit berechnet. Die offiziellen Bezeichnungen für die Zeitzonen beziehen sich immer auf diese heutige Standardzeit. Die Mitteleuropäische Zeit nutzt beispielsweise die Zonenzeit UTC+1 – unsere Uhren gehen im Vergleich zur UTC eine Stunde vor.

Gilt die Mitteleuropäische Zeit auch in Afrika?

UTC+1 wird auch in den afrikanischen Staaten rund um den 15. Längengrad als amtliche Zeit genutzt. Südlich des Mittelmeeres wird sie aber korrekterweise Westafrikanische Zeit genannt. Sie gilt von Angola im Süden bis nach Niger und in den Tschad im Norden.

Die Linie zeigt den 15. Längengrad. In rot markierten Staaten gilt UTC+1, in gelb markierten Staaten UTC+2. Orange bedeutet eine Sonderregelung. Quelle der ursprünglichen Karte: https://www.freeworldmaps.net/de/weltkarten/umrisskarte.jpg

Allerdings gelten in Libyen und Namibia, obwohl sie genau in der geographischen Zeitzone liegen, die weiter östlich verwendete Ägyptische bzw. Zentralafrikanische Zeit (UTC+2). In Algerien und Marokko dagegen, die weiter westlich liegen, gilt ebenfalls die Westafrikanische bzw. Mitteleuropäische Zeit. Und in der Demokratischen Republik Kongo verläuft die Zeitgrenze mitten durchs Land, sodass die Uhren im westlichen Landesteil im Vergleich zum östlichen um eine Stunde nachgehen.

Wie viele Zeitzonen gibt es?

Eigentlich könnte man davon ausgehen, dass es bei 24 Stunden auch 24 Zeitzonen gibt. Tatsächlich gibt es aber von vornherein schon 25! Betrachtet man die Welt als Kugel, so liegt dem Nullmeridian (0°) durch Greenwich auf der anderen Seite der Erdkugel die Datumsgrenze (180°) gegenüber. Jeweils 7,5° östlich und westlich dieses Längengrades unterscheidet sich die Zonenzeit genau um 12 Stunden von derjenigen am Ausgangspunkt – allerdings mit unterschiedlichem Datum, denn sobald in der einen Zone der eine Tag um Mitternacht endet, beginnt sofort in der anderen der neue Tag. So gibt es am 180. Längengrad also keine einheitliche Zeitzone, sondern (sozusagen technisch bedingt) zwei halbe Zeitzonen.

Die Situation an der Datumsgrenze wird besonders deutlich zwischen den Gilbertinseln, die zum Inselstaat Kiribati gehören, und den US-Außengebieten auf der Howland- und der Bakerinsel: Gleiche Uhrzeit, aber unterschiedliches Datum.

Außerdem kommen noch einige Länder hinzu, in denen die Uhren nach eigenen, nationalen Zeiten gestellt werden und die nicht um ganze Stunden von der UTC abweichen, deshalb also auch nicht sauber der einen oder anderen Zeitzone zugeordnet werden können. Die meisten dieser Länder liegen in Asien. So haben zum Beispiel Indien, Nepal, Myanmar, Sri Lanka, der Iran und Afghanistan, meistens aus politischen Gründen, ihre eigenen Zeitzonen.

Große Länder = viele Zeiten?

Einige Länder der Erde haben eine solch lange Ost-West-Ausdehnung, dass die Menschen im äußersten Osten schon den Mittag oder Nachmittag erleben, während im Westen erst die Sonne aufgeht. Um diesem Umstand Rechnung zu tragen, gelten etwa in Kanada, aber auch Mexiko oder Indonesien in unterschiedlichen Landesteilen auch unterschiedliche Zeitzonen.

Diese Weltkarte ist in Wirklichkeit eine Weltzeituhr: Sie zeigt anhand einer sich verändernden Beleuchtung die Tageszeiten auf der Erde. Zwischen den hellen und dunklen Flächen verläuft die Tag-Nacht-Grenze. Gut erkennbar ist z.B. in Kanada, dass im Osten bereits Tageslicht herrscht, im Zentrum des Landes die Sonne gerade erst aufgeht und der Westen noch in der Nacht liegt. Die Zeitzonen sind am oberen Rand mit den Buchstaben A-Z bezeichnet.

Australien ist ein ganz besonderer Fall: Auf dem australischen Festland gibt es drei Zeitzonen, wobei die Zentralaustralische Normalzeit zusätzlich um eine halbe Stunde von der Zonenzeit UTC+9 abweicht. Dazu kommen noch die unterschiedlichen Zeiten auf den verstreuten Inseln, die zum australischen Hoheitsgebiet gehören.

Die meisten Zeitzonen auf dem Festland deckt Russland ab: Von West nach Ost gelten insgesamt 11 verschiedene amtliche Zeiten. Werden allerdings Inseln und Überseegebiete hinzugerechnet, dann liegen die USA mit ebenfalls 11 geltenden Zeiten gleichauf und Frankreich, dessen Staatsgebiet sich über zahlreiche Inseln rund um die Welt erstreckt, sichert sich auf diesem Gebiet den ersten Platz mit 12 verschiedenen Zonenzeiten.*

*Dazu gehört allerdings auch die Clipperton-Insel, ein unbewohntes Naturschutzgebiet im Pazifik vor Mexiko. Bleibt die Frage: Wie viel bringt eine Zeitzone, in der kein Mensch wohnt?

Umgekehrt ist die Volksrepublik China das größte Land der Welt mit nur einer Zeitzone. Obwohl sich das „Reich der Mitte“ über 60 Längengrade erstreckt, gilt überall die Pekinger Zeit. Der Sonnenstand unterscheidet sich zwischen den östlichen Ausläufern kurz vor Wladiwostok und der Grenze nach Tadschikistan in Zentralasien um gut 4 Stunden. Aber anscheinend kommen die Bewohner des chinesischen Festlands gut damit zurecht, den natürlichen Tagesablauf der Uhrzeit aus der Hauptstadt unterzuordnen.

 

Kennen Sie noch mehr Kuriositäten aus der Welt der Zeitzonen? Waren Sie schon in Ländern mit Abweichungen vom weltweiten Standard? Oder haben Sie schon einmal die Datumsgrenze überschritten? Hinterlassen Sie uns gerne einen Kommentar!

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