Im letzten Monat haben wir begonnen, die besten Texte aus der Reihe “Objekte des Monats” vorzustellen. Die Reihe wurde über zwei Jahrzehnte von unseren Volontärinnen betreut. Heute folgen zwei Highlights aus dem Jahr 2005.
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Der Ursprung der “Objekte des Monats”
Was die wenigsten wissen: Die Aufgabe, jeden Monat eine Uhr auszuwählen, einen kurzen Text von maximal 1000 Zeichen zu schreiben und die Uhr dann auch öffentlich auszustellen, lag in den Händen unserer Volontärinnen und Volontäre.
Nach dem Studium der Geisteswissenschaften führt das zweijährige Volontariat die jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an die praktische Museumsarbeit heran. Von Anfang an probieren sich die jungen Kolleginnen und Kollegen an kleinen überschaubaren Projekten wie dem „Objekt des Monats“ aus, bevor sie sich im zweiten Jahr der Ausbildung an die große Abschlussausstellung wagen.
Knapp und verständlich schreiben
Jeder, der ein solches Volontariat durchlaufen hat, wird wissen, wie schwer es vielen fällt, nach dem Studium die teils unnötig komplizierte wissenschaftliche Sprache wieder zu „verlernen“ und stattdessen verständlich für ein breites Publikum zu schreiben.
Die Texte dürfen keine langen Aufsätze mehr sein, die umfassend allen Aspekten eines Themas nachgehen. Vielmehr müssen sie kurz und präzise sein, alles Selbstverständliche und Unnütze weglassen. Diese Beschränkung stellt auch für erfahrene Museumsfachleute eine echte Herausforderung dar. Umso erfreulicher ist es, dass bei diesen Fingerübungen der Auszubildenden viele lesenswerte Miniaturen entstanden sind:
Objekt des Monats April 2005
Eine Murmelbahn als Uhr
Auch mit einer rollenden Kugel kann man die Zeit messen. Die polierte Stahlkugel läuft regelmäßig auf dem Zickzack-Kurs der schiefen Bahn hin und her. Jede Sekunde wird sie umgelenkt. Nach 15 Sekunden hat sie das Ende der Ebene erreicht. Beim Aufprall wird eine Klinke entriegelt und das Uhrwerk schaltet eine Viertelminute weiter. Durch Federkraft wird die Rollbahn in die andere Richtung gekippt und das Spiel beginnt von vorne.
Kugellaufuhren faszinieren seit Jahrhunderten. Schon 1595 erhielt Christof Markgraf, der Kammeruhrmacher Kaiser Rudolfs des Zweiten, ein Patent für eine derartige Konstruktion. Die damaligen Uhren waren komplizierter als das ausgestellte Modell. Dieses stammt von etwa 1900 und beruht auf einer Idee von Sir William Congreve, der 1808 dafür das Patent anmeldete.
Die Ganggenauigkeit solcher Konstruktionen ist eher gering. Hier steht die Freude an der technischen Spielerei im Vordergrund, nicht der Einsatz als brauchbarer Zeitmesser.
Schwerter zu Pflugscharen
Objekt des Monats Mai 2005
Die karge Gestaltung der Zifferblätter und die einfachen Materialien im Innern der Uhren lassen es erahnen: Diese Wanduhren der Firma Olympia in Braunschweig stammen aus einer Zeit der Mangelwirtschaft.
Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es in Deutschland auch bei der Uhrenherstellung nicht genügend geeignetes Material. Aus der Not heraus wurden verschiedene Überreste aus der Rüstungsproduktion umfunktioniert.
Nach dem Motto „Schwerter zu Pflugscharen“ besteht das Werk der Wanduhren aus einem umgebauten Zeitzünder für Artilleriegranaten (siehe erstes Bild ganz oben). Statt einer Feder treibt das Uhrwerk nun ein Gewicht an. Außerdem wurde ein einfaches Blechpendel mit Aluminiumlinse eingebaut. Für das Zifferblatt verwendete man gepressten Kork oder Holz. Die Ziffern sowie die Zeiger sind aus Aluminium.
So hat dieses Werk zwar keinen besonders schönen, aber auf jeden Fall einen sinnvolleren Platz erhalten als zunächst vorgesehen.