Telechron – Warum einfach, wenn es kompliziert geht?

Unser erstes Objekt des Monats 2021 hat es gleich in sich. Was an dieser Synchronuhr Model 1 von Telechron so besonders ist? Hier wurde ein großer technischer Aufwand betrieben, um ein Problem zu lösen, das andere Uhren gar nicht hatten!

Synchronuhren waren in den Vereinigten Staaten bereits während der 1920er Jahre topaktuell. Die Firma ihres Erfinders Henry Ellis Warren (1872-1952), später in “Warren Telechron” umbenannt, entwickelte sich zum Marktführer dieses Uhrentyps. Allein bis 1926 wurden 20 Millionen Stück verkauft. Zu den guten Verkaufszahlen trug auch ein ansprechendes Äußeres im Art-Deco-Stil und ihre einfache Handhabbarkeit bei. In den 1940er-Jahren übernahm der Konzern General Electrics die Marke Telechron und produzierte unter diesem Label weiterhin Uhren für den Haushalt. Aber was machte den Erfolg dieser Uhren aus? Und welche besondere Technik steckt im Gehäuse?

Strom aus der Steckdose – Antrieb und Gangregler

Im Inneren der Uhr war diese Anleitung angebracht mit dem wichtigen Hinweis, dass sie für 60-Hertz-Wechselstrom in den USA gedacht war.

Eine mechanische Uhr braucht normalerweise einen Taktgeber, z.B. ein Pendel, zur Zeitmessung. Solche Uhren müssen in regelmäßigen Abständen aufgezogen werden, damit sie nicht stehenbleiben. Eine Synchronuhr ist dagegen viel einfacher in der Handhabung. Einmal mit dem Stromnetz verbunden, holt sie sich selbst die Energie, die sie braucht. Und sie tickt auch nicht mehr. Der regelmäßig laufende Elektromotor ist deutlich leiser. Denn anstatt der Schwingungen eines Pendels “zählt” eine Synchronuhr, wie häufig der Strom im Stromnetz seine Richtung ändert – 50mal pro Sekunde in Europa oder aber 60mal wie in den Vereinigten Staaten.

Elektrisches Innenleben der Telechron Modell 1

Als in den 1960er-Jahren zuverlässige, batteriebetriebene Uhrwerke auf den Markt kamen, die zudem preisgünstig waren, erwuchs den Synchronuhren eine ernstzunehmende und schließlich übermächtige Konkurrenz. Die Konstrukteure bei General Electrics/Telechron suchten eine Möglichkeit, selbst batteriebetriebene Uhren zu bauen, die dennoch mit Synchronmotor liefen. Ein kleines Gerät wurde zwischengeschaltet, das mit dem Stromnetz verbunden war und über eine kleine Funkantenne die Frequenz des Wechselstroms an die Uhr sendete. Der Strom für die Uhr mit dem Synchronmotor kam dann von einer Batterie.

Was halten sie vom Design des Zifferblattes? (Ein Klick vergrößert das Bild) Schick oder scheußlich? Schreiben Sie uns doch einen Kommentar!

Mit dieser umständlichen Technik versuchte Telechron, auf den Batterieuhr-Trend aufzuspringen und trotzdem weiterhin das eigentliche Kernprodukt der Firma zu verwenden. Einen wirklichen Vorteil brachte diese Erfindung aber nicht: Weder liefen die Uhren genauer, noch wurden sie günstiger. Auch das Design, immerhin ein wichtiges Verkaufsargument, traf sicherlich nicht jeden Geschmack. Wir im Uhrenmuseum denken bei den vergoldeten Ziffern zum Beispiel eher an Lakritzschnecken.

Viele Käufer konnten damit jedenfalls nicht überzeugt werden und so wurden auch nur wenige dieser Uhren gebaut. Unser Exemplar trägt die Produktionsnummer 3; ein anderes uns bekanntes Stück die Nummer 100. Mit solch geringen Stückzahlen lässt sich aber kein Unternehmen auf Dauer am Leben erhalten. Da halfen auch die in den 1960er und 1970er Jahren so populären Radiowecker nicht, die meist mit einem Synchronwerk ausgestattet waren. 1979 gab General Electrics die letzte Produktion auf, 1992 war auch die Marke Telechron endgültig am Ende.

Funkgesteuerte Tischuhr mit Synchronuhr, Telechron, Ashland MA, um 1968, Inv.-Nr. 2020-52

Auch heute werden manchmal noch Synchronuhren verbaut, zum Beispiel in elektrischen Backöfen, da diese dauerhaft mit dem Stromnetz verbunden sind. Noch im Frühjahr 2018 ging ein Bericht durch die deutschen Medien, dass aufgrund von Schwankungen im europäischen Elektrizitätsnetz manche dieser Einbauuhren einige Minuten nachgingen. Das sind Probleme, die Quarz- oder Funkuhren nicht mehr haben.

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