“Dierlepabier”

Uhrwerk mit Seitentürchen, Werk: Sebastian Kienzler, Schwarzwald, um 1780.

Cambridge in England, 4. Juni 1841: Der Uhrenhändler Andreas Löffler bestellte bei seinen Eltern in St. Märgen Nachschub. Auf seiner Liste finden wir neben Uhrwerken, Lackschildern und Ketten auch ein „Buch Dierlepabier“. Doch was hat es damit auf sich?

Dieses alemannische Wort hat nichts mit Tierchen zu tun und auch nichts mit Bier. Wörtlich übersetzt heißt es “Türchenpapier” und meint Buntpapier zum Bekleben der Seitentürchen der Uhren.

Buntpapier und Uhrentürchen

Buntpapiere waren im 19. Jahrhundert eine billige und beliebte Methode, um Gegenständen aller Art ein hübsches Aussehen zu geben. Sie wurden zum Beispiel als Einband und Vorsatzpapier von Bücher genutzt. Außerdem ließen sich damit Kartonagen überziehen, Koffer oder Schränke auskleiden und vieles mehr. Diese Papiere wurden in verschiedenen Techniken und in vielen Farben und Mustern hergestellt.

Die Türchen selbst schützten Uhrwerke vor Schmutz und Staub. Die Schwarzwälder Uhrmacher verwendeten meist Tannenholz zur Herstellung. Anfangs wurden die “Dierle” – übrigens ähnlich wie Dachschindeln – aus dem Holz gespalten und gegebenenfalls nachbearbeitet. Erst dann wurde das “Dierlepabier” aufgeklebt. Im Laufe der Zeit gab es neben dem Buntpapier auch weitere Verzierungstechniken, zum Beispiel Lackierungen. Mit den neuen Techniken wurden auch andere Hölzer als Ausgangsmaterial für die Türchen verwendet.

“Dierlepabier” im Deutschen Uhrenmuseum

In der Sammlung des Deutschen Uhrenmuseums finden sich viele beklebte Seitentürchen, und kein Pärchen ist gleich dem anderen. Der heutige Blogbeitrag zeigt deshalb hauptsächlich Bilder, um eine kleine Auswahl unserer Bestände zu geben. In der linken Spalte sehen Sie jeweils die Vorderseite des Türchens, rechts die Rückseite.

2 Kommentare zu „“Dierlepabier”

  1. Auch bei den Uhren aus Sumiswald wurde die Gehäuserückwand mit ‘Dierlepabier’ dekoriert. Dies weil die Rückwand aus billigem Tannenholz hergestellt wurde und damit nicht zum Nussbaum passte mit dem das Gehäuse gefertigt wurde.

    Ich freue mich auf weitere interessante Blogs.

    Niklaus Maag, Rorbas, Schweiz

    1. Hallo Herr Maag,

      vielen Dank für die interessante Information.
      Spannend, wie unterschiedlich das von Region zu Region ist: Hier im Schwarzwald wurden eigentlich nur die sichtbaren Teile beklebt, die Rückwände also nicht.
      Es gibt aber eine Ausnahme: die Kuckucksflöten. Hier hat man das “Pabier” aufgeklebt, um die Flöten abzudichten.

      Viele Grüße aus Furtwangen in die Schweiz

Kommentar verfassen