10 Tage sind verschwunden!

Wohin sind die 10 Tage verschwunden?

Stellen Sie sich vor, gestern wäre nicht der 14. sondern noch der 4. Oktober gewesen. Es klingt wie eine Verschwörungstheorie und doch geschah es scheinbar so: Im 16. Jahrhundert verschwanden plötzlich zehn Tage! Was war passiert? Und was hatte der Vatikan damit zu tun?

Nun aber genug der Anspielungen: Hier geht es nicht um paranormale Phänomene, sondern um eine bedeutende Kalenderreform. Der Julianische Kalender wurde durch den Gregorianischen ersetzt. Doch was steckt dahinter? Warum war überhaupt eine Reform nötig? Und wie wirkte sich das aus?

Zwei Himmelskörper, ein Kalender?

Vollmond im April 2020, Bild: Toralf Grott.

Von der Erde aus sind zwei Himmelskörper besonders gut zu sehen: Sonne und Mond. Die regelmäßigen Bewegungen des Mondes um die Erde und der Erde um die Sonne dienen schon seit der frühesten Menschheitsgeschichte zur Einteilung des jährlichen Zeitverlaufes. Ein Monat entspricht etwa der Zeit, die der Mond benötigt, um einmal um die Erde zu kreisen. Das passiert rund zwölfmal im Verlauf der Jahreszeiten.

Das Jahr wiederum orientiert sich daran, wie lange die Erde braucht um die Sonne einmal zu umrunden und weicht von den Mondumläufen immer wieder ab. Will man diese Zeitspanne aber nicht in Monate, sondern in Tage aufteilen, gibt es ein neues Problem. Die Zeit eines Erdumlaufs um die Sonne beträgt 365 Tage, 5 Stunden, 49 Minuten und 12 Sekunden. Rechnet man also mit 365 Tagen pro Jahr, ist dieses zu kurz, geht man von 366 Tagen pro Jahr aus, ist es zu lang. Ein Ausgleich muss geschaffen werden.

Der Julianische Kalender – eine Erfindung aus dem alten Rom

C. Iulius Caesar auf einem zeitgenössischen Denar, Bild: Classical Numismatic Group, Inc.

Gaius Iulius Caesar ist heute immer noch bekannt für seine Feldzüge, seine schriftstellerischen Leistungen und nicht zuletzt für seine markigen Sprüche (ob er nun kam, sah und siegte oder die Würfel gefallen sind). Doch er beschäftigte sich als Herrscher Roms auch mit einer allgemein wichtigen Angelegenheit: Kalender! Wahrscheinlich holte er sich dafür Hilfe von ägyptischen Astronomen und profitierte von deren hohem Wissensstand. Er reformierte die älteren, in Rom gebrauchten Kalendersysteme, indem er eine einheitliche Schaltregel einführte: Alle vier Jahre sollte ein Tag hinzugefügt werden, um das “Problem” der knapp 6 Stunden zuviel pro Jahr zu lösen.

1500 Jahre später…

Die julianische Schaltjahrregel wurde konsequent angewendet. Dass der Vierteltag pro Jahr nicht ganz vollständig ist – es fehlen 10 Minuten und 48 Sekunden –, fiel zunächst nicht besonders ins Gewicht. Doch nach anderthalb tausend Jahren hatte sich die Abweichung vom Jahresablauf sichtbar summiert. Die “gezählten” Kalendertage fielen nicht mehr mit astronomischen Ereignissen wie etwa der Frühlings-Tag-und-Nachtgleiche am 21. März zusammen.

Portrait Gregors XIII. der Malerin Lavinia Fontana (1552-1614)

Papst Gregor XIII. nahm sich dieser Problematik an. Als Oberhaupt der katholischen Kirche fiel es letztlich auch in seinen Verantwortungsbereich, dass die Osterfeiertage, das wichtigste christliche Fest, korrekt berechnet wurden. Dafür durfte natürlich der Kalender nicht zu stark vom eigentlichen Jahresablauf abweichen. Der Papst beauftragte den aus Bamberg stammenden Mathematiker Christophorus Clavius mit der Ausarbeitung der Kalenderreform. Schon einige Jahre zuvor hatte der Astronom Aloisius Lilius Vorschläge zur Verbesserung des Kalenders gemacht, die nun umgesetzt wurden. Der Papst musste die Änderung schließlich noch per Dekret verfügen – weshalb der reformierte Kalender bis heute Gregorianischer Kalender genannt wird.

Im Herbst 1582 war es schließlich so weit: Auf den 4. Oktober folgte gleich der 15. Oktober. Zehn Tage wurden in der Zählung ausgelassen, damit der Kalender nicht mehr dem tatsächlichen Jahresverlauf hinterher hinkte.

Auch eine sinnvolle Reform hat es manchmal schwer

Ende des 16. Jahrhunderts steigerten sich die Spannungen zwischen den christlichen Konfessionen in Europa und so war es für Protestanten praktisch untragbar, eine päpstlich initiierte Reform umzusetzen. Während einige katholische Länder gleich im Jahre 1582 den neuen Kalender einführten, folgten die meisten protestantischen Länder erst über hundert Jahre später. Im konfessionell zersplitterten Heiligen Römischen Reich bestimmten die einzelnen Territorien über den jeweils benutzten Kalender. Eine Schrift aus dem Jahr 1584 belegt die zeitgenössischen Auseinandersetzungen darüber, die in diesem Fall bis vor das Reichskammergericht gebracht wurden.

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