Bei einigen Berufsgruppen sind uns auch heute noch die zuständigen Heiligen durchaus gewärtig. Bergleute beten zur Heiligen Barbara, Jäger vertrauen auf Hubertus. Und auch moderne Berufe müssen nicht ohne Fürsprecher auskommen: Feuerwehrleute heißen Floriansjünger, bei Fernfahrern reist der heilige Christopherus mit. Doch welche Geschichte steckt hinter einem Uhrmacherheiligen?
Tatsächlich müssen auch die Uhrmacher in ihrer eher sicheren Werkstatt nicht auf höheren Beistand verzichten: Sie können sich an den heiligen Hermann Joseph wenden. Dieser Patron übte das Uhrenmachen offenbar schon im Mittelalter aus. Hermann Josephs Leben ist historisch greifbar, er lebte von 1150 bis 1241. Seine Biographie wurde 1627 in lateinischer Sprache veröffentlicht, und zwar als Abschrift einer ersten Vita, die wohl bereits kurz nach Hermann Josephs Tod entstand.
Mönch, Priester, Mystiker…
Hermann stammte aus Köln und kam mit 12 Jahren in das Prämonstratenser-Kloster Steinfeld, wo sein Andenken bis heute gepflegt wird. Abgesehen von seiner Ausbildung zum Priester, die er fast 400 km entfernt im Kloster Mariengaarde an der friesischen Küste durchlief, verbrachte er sein ganzes Leben rund um das Kloster Steinfeld. Dort war er als Sakristan für die Gottesdienste verantwortlich. Außerhalb des Klosters war er ein gefragter Seelsorger und Gesprächspartner der Frauenklöster der Umgebung. Bekannt wurde er durch seine tief empfundene Marienverehrung. Sein Ehrenname Joseph wurde ihm nach einer mystischen Vermählung mit Maria zugesprochen. Dieser Moment wurde 1630 von Anthonis van Dyck für die Marienkongration der Jesuiten in Antwerpen bildlich ausgestaltet.
…und Uhrmacher?
Was verbindet nun einen solchen Mystiker mit der Uhrmacherei?
Die Vita erläutert: „Er hatte nämlich gelernt, ein Gerät der Stundenzählung zu machen. Deswegen wurde er manchmal von anderen Klöstern darum gebeten, dass er entweder Neue mache, wo es (noch) keine gab, oder solche, die nicht in rechtem Maß waren, wieder ins rechte Maß bringe.“
Wenn wir die genannten Stundenzähler (horologij instrumentum) als Uhren interpretieren, würde es sich damit um sehr frühe Exemplare handeln. Die Nennung, die sich geschätzt auf die Zeit von etwa 1160 bis 1230 beziehen dürfte, wirft ein Schlaglicht auf eine Ära, aus der die Uhrenforschung keine Uhren kennt. Auch in anderen Quellen aus der Epoche werden Uhren erwähnt, historisch sind jedoch weder Baupläne noch vorhandene Objekte zuzuordnen.
Zurück zur Biographie Hermanns: „Dies [die Uhrmacherei] machte er mit dem Gefühl solch guter Stimmung, dass nicht nur niemandem seine Anwesenheit lästig war, sondern er auch als der Liebenswürdigste galt.“ Der betagte Hermann Joseph besaß Eigenschaften, die ihn als zukünftigen Seligen und Heiligen auszeichneten: Durch ständiges Fasten war er oft entkräftet. „Doch mit dem Altardienst beschäftigt, konnte er beides: äußerst lange stehen und fasten.“ Sollte er für sein „zerbrechliches Körperchen“ sorgen, nahm er meist nur etwas Brei zu sich.
Hermann Joseph starb hochbetagt auf einem Seelsorgebesuch bei Zülpich, wo er auch begraben wurde. Schon wenige Wochen später wurde sein Leichnam auf Drängen seines Heimatklosters Steinfeld überführt. Dort wurde er seither verehrt, eine Wallfahrt wurde besonders im Lauf des 17. Jahrhunderts gefördert. Die offizielle Heiligsprechung wurde schließlich 1958 durch Papst Pius XII. vollzogen. Nun kann Hermann Joseph auch offiziell Fürsprache für die Belange der Uhrmacher halten.
Wer des Lateinischen mächtig ist, kann die Quelle auch im Original lesen: Johannes Chrysostomus van der Sterre: Lilium inter spinas. Vita B. Josephi Presbyteri et Canonici Steinfeldensis Ordinis Premonstratensis, Antwerpen 1627.
Auch das Kloster Steinfeld schreibt etwas zu “seinem” Heiligen: http://www.kloster-steinfeld.de/de/Hermann-Josef-von-Steinfeld
Ein Kommentar zu „Heiliger Bimbam!“