Eine Lackschilduhr für Frankreich

Im 19. Jahrhundert verkauften sich die preiswerten Holzuhren aus dem Schwarzwald mit ihren bunten Schildern in ganz Europa. Je nach Bestimmungsland sahen die bunt bemalten Holzschilder anders aus. Woran kann man erkennen, dass diese Uhr nach Frankreich verkauft werden sollte?

ZUM VERGRÖSSERN DER BILDER KLICKEN

Napoleon – für viele Franzosen ein Nationalheld

Oben: Napoleon Bonaparte.

Unverkennbar: Im Giebel des Lackschilds eines der bekanntesten Porträts von Napoleon Bonaparte.

Vorlage dafür war ein Gemälde von Jacques-Louis David von 1812. Damals stand Napoleon I. auf dem Gipfel seiner Macht. Es zeigt den Kaiser von Frankreich in seinem Arbeitszimmer in den Pariser Tuilerien. Im Hintergrund übrigens ein toller Regulator – möglicherweise vom Hofuhrmacher persönlich hergestellt. Den würden wir gerne einmal ausstellen!

Die lebensgroße Darstellung des Gemäldes ist bei der Schwarzwalduhr auf ein

Vorbild für das Lackschild: Porträt von Jacques-Louis David, 1812 (National Gallery, Washington D. C.)

Halbporträt reduziert. Die typische Geste mit der Hand in der Uniformjacke darf aber auch in diesem Ausschnitt nicht fehlen.

Aber ist allein die Tatsache, dass die Uhr Napoleon Bonaparte zeigt, schon ein sicheres Zeichen dafür, dass die Uhr für den französischen Markt bestimmt war? Wohl eher nicht. Denn kaum eine historische Person hat die öffentliche Meinung in ganz Europa weit über seinen Tod hinaus beschäftigt wie der französische General und spätere Alleinherrscher über große Teile des Kontinents. Eines aber scheint sicher: Wer sich solch eine Uhr ins Zimmer hing, war sicherlich kein Kritiker, sondern ein Bewunderer Napoleons.

Weitere Merkmale der Uhr

Welche weiteren Merkmale sprechen dafür, dass die Uhr wohl nach Frankreich verkauft wurde?

Auf dem Lackschild: Signatur des Schildermalers Fidel Pfaff, der in Urach lebte.

Charakteristisch für Lackschilduhren, die ins westliche Nachbarland gebracht wurden, sind die bunten und teils geometrischen Ausmalungen der Ecken rund um das Zifferblatt. Bei der Napoleon-Uhr stammen sie vom Schildermaler Fidel Pfaff, der um 1860 in Urach nachgewiesen ist. Er hat das Uhrenschild auf der Rückseite handschriftlich signiert.

In der Furtwanger Uhrensammlung befinden sich mehrere Vergleichsstücke, die in Frankreich verkauft wurden. Eine trägt auf dem Uhrenschild den Namen des Schwarzwälder Uhrmachers Martin Bleiler, der sich in der westfranzösischen Stadt Nancy niedergelassen hatte. Eine andere Uhr zeigt eine Giraffe, die 1827 als Geschenk des Vizekönigs von Ägypten nach Frankreich kam und dort eine regelrechte Giraffenmode auslöste.

Frankreich bevorzugte ferner Schwarzwälder Holzuhren mit acht Tagen Laufdauer. Die Gewichte zum Antrieb der Uhr wurden dabei mit einem Schlüssel über die Löcher im Zifferblatt aufgezogen. Meist sind zwei solche kreisrunden Aussparungen vorhanden, eine für das Gehwerk, das andere zum Antrieb des Stundenschlags. Zwar waren Lackschilduhren mit einer Laufdauer von 12 Stunden oder einem Tag preiswerter, doch griffen die Kunden in Frankreich dennoch meist zu der etwas teureren Ausführung. Denn sie waren es von den beliebten inländischen Metalluhren aus der Franche-Comté gewöhnt, dass man Uhren nur einmal in der Woche aufziehen musste.

Die Herstellerfirma

Ein weiteres Merkmal macht es noch wahrscheinlicher, dass die Uhr für Frankreich produziert wurde. Auf der Rückseite des Zifferblatts befindet sich der Stempel „Fürderer, Jaegler & Cie.“ – eine der ersten Uhrenfabriken im Schwarzwald. 1865 in Neustadt gegründet, bestand diese Firma nur für etwa 20 Jahre. Denn in den letzten beiden Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts nahm die Nachfrage nach Lackschilduhren rapide ab. Fürderer & Jaegler scheiterte daran, von den traditionellen Holzuhren auf moderne Uhren mit Metallwerk umzuschwenken.

Auf der Rückseite: Der Firmenstempel “Fürderer, Jaegler & Cie.”

Die Familie Fürderer als einer der Namensgeber sind eng mit einer der traditionellen Handelsfirmen des Schwarzwaldes verbunden, den „Elsassträgern“. Im 18. Jahrhundert hatten sich die verschiedenen Handelsgesellschaften den Exportmarkt von Uhren aufgeteilt, wobei die „Elsassträger“ die Ausfuhr ins Elsass und darüber hinaus nach Frankreich dominierten.

Niederlassungen gab es unter anderem in Straßburg und in Colmar. Bevor 1865 die Zolltarife mit Frankreich neu geregelt worden waren, produzierten die Niederlassungen im Elsass sogar eigene Uhren im elsässischen Buchsweiler. Es ist deshalb alles andere als Zufall, dass diese typische Lackschilduhr für den französischen Markt ausgerechnet in der Neustädter Uhrenfabrik Fürderer, Jaegler & Cie. hergestellt wurde.

Erworben vom Museums-Förderverein

Diese besonders schöne und aussagekräftige Schwarzwalduhr hat der „Verein zur Förderung des Deutschen Uhrenmuseums“ ankaufen können. Vielen Dank für die tolle Unterstützung unserer Arbeit!

Wenn wir Sie mit dem Erwerb dieser Uhr auf unseren Förderverein neugierig gemacht haben sollten, so schauen Sie doch einmal auf der Website des VFDU vorbei. Vielleicht können wir Sie ja bald als neues Mitglied in unserem Unterstützerkreis begrüßen?

Ein Kommentar zu „Eine Lackschilduhr für Frankreich

  1. Soy Antonio labrador secretario de ANREG. Asociación de reparación y reparación de relojería gruesa de España, somos admiradores de los relojes de la selva negra , llevamos 5 años visitando la feria de Eisenbach en abril y el museo de furtwagen.
    Investigamos en ellos y las importaciones a España de Oswal Maurer. Y la vida y los relojes de Johan bautista Beha.

    Gracias por el correo electrónico.
    Saludos

Kommentar verfassen