Die Mummelsee-Uhr

Romantischer geht’s kaum. Ein dunkler See, hoch oben im Schwarzwald, umgeben von Tannen. Wenn es dann abends ganz still wird… Kein Wunder, dass sich viele Sagen um den Mummelsee ranken. Eine Uhr erzählt die Geschichte der Meerjungfrauen, die es einst dort gegeben haben soll.

„Mermaid“ – Die Uhr mit den Meerjungfrauen

Sie gilt als Kult: Die Drehpendeluhr mit dem sprechenden Namen „Mermaid“. Um 1960 stellte sie die Uhrenfabrik Schmid-Schlenker in Bad Dürrheim am östlichen Schwarzwaldrand her.

Solche Uhren mit langsam drehenden Pendel gibt es im Schwarzwald seit Ende des 19. Jahrhunderts. In der Zeit des deutschen “Wirtschaftswunders” experimentierte Schmid-Schlenker mit ganz neuen Formen für diesen Klassiker der Schwarzwalduhr. Es gab sie nun in Form eines Wohnzimmerbuffets mit Schublade für den Aufzugsschlüssel oder auch als Laterne.

Die ungewöhnlichen Drehpendeluhren von Schmid-Schlenker, links oben “Mermaid”, die Mummelsee-Uhr, Prospekt, um 1960 (Zum Vergrößern bitte klicken)

Der unausgesprochene Star unter all den Varianten war das Modell „Mermaid“. Auf dem Sockel dieser Drehpendeluhr war eine transparente Kunststoffschale mit Verzierungen in Form von Wasserpflanzen befestigt. Einige buntbemalte Fische waren so geschickt in der hellblauen Schale platziert, dass es schien, als würden sie in einem Teich schwimmen. Auf der Wasseroberfläche bewegte sich ein waagrecht drehendes Pendel in Form von vier Seerosen. Links und rechts der Seerosen befanden sich kleine Meerjungfrauen, erkennbar am Fischschwanz, dem nackten Oberkörper und den wallenden Locken.

Was hat die Uhr mit dem Mummelsee zu tun?

Der Mummelsee, zwischen Baden-Baden und Freudenstadt auf dem Gebirgskamm unweit der Hornisgrinde gelegen, zählt zu den berühmtesten Sehenswürdigkeiten im Nordschwarzwald. Schon immer hat dieser See mit seinem dunklen Wasser Einheimische und Gäste fasziniert. Mehr als ein Dutzend Sagen und Märchen über den Mummelsee erzählen von Wasserwesen, halb Fisch, halb Mensch. Sie werden als Nixen, Nymphen, Feen, Undinen, Melusinen oder auch als Meerjungfrauen bezeichnet.

Die ungestümen Nixen des Mummelsees werden vom gestrengen Vater ermahnt, Fresco von Jakob Götzenberger in der Trinkhalle Baden-Baden, 1844 (Photo: Gerhard Eichmann)

Eine Ursache für diese Häufung an Sagen ist der Name „Mummelsee“. Er geht wohl auf Seerosen zurück, die im Volksmund als „Mummeln“ oder auch als „Nixblumen“ bezeichnet werden. Der Zusammenhang zwischen Seerosen und Nixen ist also bereits im Namen des Bergsees angelegt.

Die Sagen erzählen in vielen Varianten Geschichten von Männern, die sich in die Wasserwesen verlieben und damit sich oder die Wasserwesen ins Unglück stürzen. Eine der bekanntesten Sagen wurde gar vom bekannten Komponisten Carl Loewe vertont.

Die Nixen und Seerosen der Uhr (Zum Vergrößern klicken)

Und wahrscheinlich ließ sich die Bad Dürrheimer Uhrenfabrik von einer dieser Geschichten zu der Drehpendeluhr mit Meerjungfrauen und Seerosen inspirieren.

Der Mummelsee heute

Die Nixen-Skulptur im Mummelsee, Photo: Leonhard Lenz (Zum Vergrößern klicken)

Während der Hochsaison ist von der legendären Stille des Mummelsees nicht mehr viel übriggeblieben. Verkehrsgünstig an der Schwarzwaldhochstraße gelegen, lockt der See zahllose Touristen, die die Wasserfläche auf einem barrierfrei ausgebauten Weg umrunden. Im angrenzenden Hotelkomplex kann man sogar Tretboote ausleihen. So scheint auch die Skulptur einer Meerjungfrau auf einem Fels inmitten des Sees eher den Köpfen der Tourismusmanager entsprungen als der Sagenwelt des Schwarzwalds. Aber manchmal kann man die zauberhafte Stimmung des Ortes immer noch spüren, am ehesten abends, wenn die Tagestouristen verschwunden sind, oder besser noch an stürmischen Tagen in der kalten Jahreszeit, wenn die Nebelschwaden über die Wasserfläche ziehen.

Meerjungfrauen aufgetaucht!

Heute sind die „Mermaid“-Uhren sehr selten geworden. Nach langem Suchen konnten wir 2018 ein Exemplar für die Sammlung ergattern. Nur leider fehlten ausgerechnet die beiden Meerjungfrauen, die der Uhr den Namen gaben!

Gab es nicht doch noch vollständige Stücke? Wir veröffentlichten im Museums-Blog eine Suchanzeige. Lange Jahre herrschte Funkstille. Doch das Warten hat sich gelohnt. Anfang 2022 verkaufte uns ein Sammler aus den Vereinigten Staaten eine komplette Uhr. Wenn das kein Grund zum Feiern ist! Gefunden hat er die Uhr die Uhr übrigens nicht an einem kühlen Schwarzwaldsee, sondern ausgerechnet im staubigen Mexiko.

Zum Weiterlesen:

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