Interview mit Nicole Deisenberger

Eine neue Leitung bedeutet für eine Institution immer eine große Veränderung. Welche neuen Entscheidungen werden getroffen? Wie entwickelt sich unser Museum weiter? Und was für eine Person sitzt von nun an auf dem Chefsessel? Unsere neue Direktorin hat sich Zeit genommen für ein Interview.

Letzte Woche hat sich Nicole Deisenberger schon kurz vorgestellt. Heute erfahren Sie mehr über ihre Pläne für das Museum und ihr Verhältnis zu Uhr und Zeit.

Warum haben Sie sich für die Leitung des Deutschen Uhrenmuseums in Furtwangen beworben? Wie sind Sie darauf aufmerksam geworden?

Aufmerksam geworden bin ich auf das Deutsche Uhrenmuseum durch das Coachingprogramm „Museen 2.0″, an dem das Museumsteam teilgenommen hat. Was mir bei der Abschlusspräsentation in Stuttgart sehr imponiert hat war wie offen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihr Projekt geschildert und auch die „Umwege“ benannt haben, die sie bei der Realisierung ihres Projektvorhabens nehmen mussten. Dieses Erlebnis war mein Impuls, mich weiter mit dem Deutschen Uhrenmuseum zu beschäftigen und einmal nach Furtwangen zu fahren, um das Museum vor Ort zu besuchen.

Eine der bekanntesten Ansichten des Deutschen Uhrenmuseums: Die Abteilung mit den Kuckucksuhren.

Was waren Ihre ersten Eindrücke? Was gefällt Ihnen am Uhrenmuseum?

Das Deutsche Uhrenmuseum besitzt eine der bedeutendsten Uhrensammlungen und ist ein Kompetenzzentrum für die Geschichte der Uhren in der Region Schwarzwald und weit darüber hinaus. Diese Vielfalt und historische Tiefe zeigt sich auch in der Dauerausstellung: Sei es in den ausgestellten Objekten als auch in den vermittelnden Texten für die Besucherinnen und Besucher. Dem Uhrenmuseum gelingt es, die wissenschaftlich hervorragend recherchierten und aufgearbeiteten Objekte lebendig darzustellen – vor allem auch mittels der regelmäßig stattfindenden Vorführungen. Bemerkenswert finde ich auch die Dreisprachigkeit des Museums. Alle Texte sind auf Deutsch, Englisch und Französisch für unser Publikum verfügbar. Es ist mir ein großes Anliegen, dass das Deutsche Uhrenmuseum auch in Zukunft der wissenschaftlichen Erforschung seiner Sammlungsobjekte einen hohen Stellenwert einräumt.

Wie viele Uhren haben Sie selbst zu Hause?

In meiner Wohnung habe ich keine Wanduhr, sondern nutze eigentlich nur meine Armbanduhr – früher analog, wobei ich immer schon gutem Design einen hohen Stellenwert beigemessen habe. Die Uhren meines bisherigen Lebens habe ich alle aufbewahrt. Angefangen von einer Casio, die ich von meiner Patentante zur Kommunion geschenkt bekommen haben, über eine Woodwatch von Tissot, die mich durchs Studium begleitet hat bis zu einer Mondaine Bahnhofsuhr, die ich bis zuletzt getragen habe. Momentan nutze ich eine Smartwatch, die allerdings ein bisschen vom Charme meiner „alten“ Armbanduhren einbüßt.

 

Das Deutsche Uhrenmuseum in die Zukunft führen

Welches sind die ersten Aufgaben oder Projekte, die Sie angehen werden?

Den Changemanagement-Prozess, den das Deutsche Uhrenmuseum mit seiner Teilnahme am Coachingprogramm der MFG begonnen hat, gilt es meines Erachtens weiter fortzuführen. Wir sind gerade schon an der Erarbeitung einer digitalen Marketingstrategie und nehmen am „Brückenprogramm Tourismus“ teil. Da das Museum Social-Media-Kanäle bisher nicht genutzt hat, gilt es diese nun aufzubauen. Ein weiterer Schritt wird die Überarbeitung unserer Website darstellen. Wir haben mit der Fakultät „Digitale Medien“ die Kompetenz in unserer direkten Nachbarschaft an der Hochschule Furtwangen.

Was möchten Sie gerne bewegen?

Es ist mir wichtig, Synergien herzustellen und das Uhrenmuseum wieder verstärkt mit der Hochschule zu verzahnen. Ein wichtiges Ziel ist neben dem Sammeln und Bewahren auch das Vermitteln, und hier hat das Museum noch Potential nach oben. Partizipation und Teilhabe sind wichtige Aspekte, die ich künftig verstärkt in den Fokus rücken möchte. In den zwei Wochen, in denen ich nun am Museum bin, ist mir sehr bewusst geworden, wie viele verborgene Schätze hier schlummern und eigentlich „nur“ darauf warten, ans Licht gehoben zu werden.

 

Ganz persönlich…

Was bedeutet für Sie der Wechsel von der Großstadt Stuttgart nach Furtwangen?

Es ist schon ein Schritt, von der Stadt aufs Land zu ziehen. Beispielsweise bin ich die vergangenen fünfzehn Jahre sehr gut ohne Auto ausgekommen. Um hier in der Region mobil zu bleiben, ist es allerdings notwendig, dass ich mir wieder ein Auto zulege. Mit der Bahn benötige ich von Stuttgart nach Furtwangen gute drei Stunden Fahrt. Das ist schon eine beachtliche Dauer, wenn man bedenkt, dass ich in zweieinhalb Stunden von Stuttgart aus mit dem TGV in Paris bin.

Abendhimmel über Furtwangen – mit Hochschule und Uhrenmuseum.

Da ich auf dem Land aufgewachsen bin, weiß ich die Vorzüge sehr zu schätzen. Ich genieße die kurzen Wege in Furtwangen, und dass ich gleich draußen in der Natur bin. Stadt habe ich momentan noch am Wochenende, da meine Freundinnen und Freunde in Stuttgart und der Region leben. Aber das wird sich im Laufe der Zeit sicherlich ändern, spätestens dann, wenn ich hier auch eine Wohnung gefunden habe, in der ich mich wohlfühlen kann. Aber ich muss gestehen, dass mir der Abschied von meiner Altbauwohnung mit hohen Stuckdecken im Stuttgarter Osten schon auch ein bisschen schwer fällt.

Sind Sie sehr pünktlich? Kommen Sie gerne mal zu früh oder auch zu spät?

Sowohl als auch. Da kann ich mich persönlich nicht so richtig einordnen. Es gibt/gab Situationen, zu denen ich pünktlich erscheine. Wenn ich einen Arzttermin habe, bin ich beispielsweise eher immer zu früh, und wenn ich zum Bahnhof muss, dann kann es auch mal knapp werden.

Wofür nehmen Sie sich bewusst Zeit?

Ich nehme mir gerne Zeit für die Menschen, die mich umgeben und die mir am Herzen liegen. Leben zu teilen mit meiner Familie, mit Freundinnen und Bekannten gehört für mich zu den Glücksmomenten. Am Morgen brauche ich erstmal eine gemütliche Tasse Schwarztee mit Milch, um im Tag anzukommen, bevor ich danach richtig losstarten kann. Wichtig sind mir auch Zeiten der Stille, die ich ganz bewusst in meinen Tagesablauf einplane.

Zum Schluss: Was halten Sie von der Kuckucksuhr?

Die Kuckucksuhr ist neben dem Bollenhut und der Schwarzwälder Kirschtorte für viele Menschen eine Ikone* des Schwarzwaldes.

 

 

 

*Bei Veröffentlichung des Artikels entging uns ein Schreibfehler: Natürlich sollte an dieser Stelle nicht “Inkunabel”, sondern von Beginn an “Ikone” stehen.

Ein Kommentar zu „Interview mit Nicole Deisenberger

  1. Kommentar gelöscht – Begründung: Wir freuen uns über konstruktive Beiträge und sind offen für Kritik. Aber dafür wünschen wir uns einen respektvollen Ton und Umgang.

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