Ein unbekannter Uhrenpionier

Am 27. Dezember 2018 starb im Alter von 90 Jahren Albert Keck. Seine Rolle für die Uhrenentwicklung ist nur Wenigen bekannt, aber deswegen nicht weniger bedeutend.

Ein Nachruf von Eduard C. Saluz, Direktor des Deutschen Uhrenmuseums Furtwangen.

Albert Keck kam 1928 in Dunningen am Rand des Schwarzwalds zur Welt. Mit 16 Jahren wurde er noch gegen Ende des Zweiten Weltkriegs als Soldat eingezogen. Nach dem Krieg absolvierte er in beeindruckendem Tempo seine berufliche Ausbildung: Zunächst eine Lehre als Uhren- und Feinmechaniker bei Junghans in Schramberg, dann folgte ein Ingenieurstudium an der Staatlichen Uhrmacherschule in Furtwangen. Seine Diplomarbeit von 1950 bestand im Aufbau einer Fertigung von Werken für die Jubiläumswecker zum hundertjährigen Bestehen der Furtwanger Uhrmacherschule.

Jubiläumswecker „Staatliche Uhrmacherschule Furtwangen 1850-1950“. Hergestellt im Rahmen der Diplomarbeit von Albert Keck. (Inv. 60-3068)

Vom Diplom-Ingenieur zum Geschäftsführer

Auf Empfehlung des Furtwanger Schuldirektors Friedrich Aßmus fand Keck eine Stelle als „Jungingenieur“ bei VDO in Frankfurt. Dieser Firma sollte er ein Leben lang treu bleiben. VDO war schon damals ein bedeutender Lieferant von Tachometern und anderen Instrumenten für die Automobilindustrie. Neben seiner Arbeit studierte Albert Keck noch Mathematik und Physik. Schnell machte er Karriere: 1956 wurde er Konstruktionsleiter, 1959 Chefingenieur und 1966 schließlich Geschäftsführer.

Und er begann gleich mit einem bemerkenswerten Projekt. Bis dahin hatte VDO die Automobiluhren bei den Schwenninger Uhrenfirmen zugekauft. Diese Uhren funktionierten zwar elektrisch, mussten also nicht mehr von Hand aufgezogen werden. Doch wegen der Temperaturschwankungen im Auto und auch wegen der Vibrationen im Fahrbetrieb hatten sie eine tägliche Gangabweichung von ein bis zwei Minuten. Und da seit den 1960er Jahren immer mehr Autos ein Bordradio besaßen, fiel diese Abweichung bei den stündlichen Nachrichten mit Zeitzeichen störend auf.

Pionierleistungen

Die Schwenninger Uhrenfirmen zeigten sich außerstande, genauere Uhren zu einem akzeptablen Preis (ca. DM 10.-) zu bauen. Deshalb beschloss Albert Keck, dass VDO selbst eine Autouhr entwickeln solle. Deren Genauigkeit sollte hundertmal besser sein, trotzdem durfte die Uhr nicht mehr kosten. Ein ehrgeiziges Ziel! Um die angestrebte Präzision zu erreichen, kam nur eine Quarzuhr in Frage. Doch damals gab es lediglich eine Handvoll kleine Quarzuhren auf dem Markt, die allesamt viel zu teuer waren. Seikos „Crystal Chronometer“ beispielsweise kostete 1500 Mark.

Keck war klar, dass vollkommen neue Wege beschritten werden mussten. VDO suchte sich deshalb Partner in der boomenden Elektronikbranche. In enger Zusammenarbeit mit der holländischen Philipps und dem US-amerikanischen Halbleiterfabrikanten SSS wurden die einzelnen Komponenten entwickelt. Diese Strategie hatte ihren Preis: In der vierjährigen Entwicklungszeit steckte VDO rund 30 Millionen Mark in das Projekt.

1969 wurde eine erste Kleinserie von 1000 Uhren gefertigt, im Jahr darauf begann die Serienfabrikation. Bis 1975 war VDO der einzige Lieferant von Quarzuhren zum Preis herkömmlicher Autouhren. VDO stieg zum weltweit größten Hersteller auf. Bis 1985 konnten 30 Millionen Uhren abgesetzt werden.

Die erste Quarzuhr für Automobile, VDO 1969. Geschenk von Albert Keck für das Deutsche Uhrenmuseum Furtwangen. (Inv. 2007-071)

Damit war das Thema Uhren für Albert Keck aber noch nicht abgeschlossen. Seit 1974 war er Vorstandsvorsitzender von VDO. 1978 erwarb er die in Schwierigkeiten steckenden Schweizer Uhrenfirmen IWC und Jaeger-LeCoultre. Zur Leitung dieses neuen Geschäftsfeldes holte sich Keck Günter Blümlein, ebenfalls ein Absolvent der Furtwanger Ingenieurschule. Blümlein war eine gute Wahl, denn unter ihm erfanden sich IWC und Jaeger-LeCoultre neu als Uhren-Manufakturen.

1990 schließlich, direkt nach der Wende in Deutschland, gründeten Albert Keck, Günter Blümlein und Walter Lange im sächsischen Glashütte die Firma A. Lange & Söhne GmbH. Damit begann die Wiederbelebung der Glashütter Uhrentradition. Damals war Albert Keck bereits Vorsitzender des Aufsichtsrates von VDO. Auch in Furtwangen hatte man den ehemaligen Studenten nicht vergessen: 1987 wurde Albert Keck zum Ehrensenator der Fachhochschule ernannt.

 

3 Kommentare zu „Ein unbekannter Uhrenpionier

    1. Auch wir vom Uhrenmuseum sind nicht perfekt – dazu gehört auch mal ein Druckfehler. Deshalb vielen Dank für Ihre Anmerkung! Wir werden den Beitrag nochmal gründlich durchsehen. Zum Glück lässt sich so etwas schnell nachbessern.

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